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Heimtücke im #Neuland – Falsche Bewertungen im Internet

Kurz mal weg von den Social Media Richtlinien hin zu Bewertungen im Internet. Mein Partner RA Stephan Dirks hatte hier im Blog erst kürzlich eine Entscheidung des LG Kiel am Wickel, die sich mit Ansprüchen auf Löschung wegen schlechter Bewertungen im Web befasste. Nun habe ich mich für die LEAD digital mit der Thematik beschäftigt. Herausgekommen ist dabei der Artikel

Heimtücke 2.0: So gehen Sie gegen falsche Bewertungen vor

Das just FYI.

Viel Spaß beim Lesen.

In diesem Sinne,

click!„.

Beschlagnahmeverbot in Redaktionen steht der Herausgabe von Nutzerdaten entgegen – Ist das so?

Seit gestern wird der Fall der Augsburger Allgemeinen Zeitung breit diskutiert. Die Aufregung ist groß.

Was ist passiert?

Im Online-Forum der Augsburger Allgemeinen Zeitung vergriff sich ein Kommentator im Ton, ein CSU-Politiker fühlte sich angegriffen und wollte sich gegen den Kommentar zur Wehr setzen und vor allem die Nutzerdaten des Kommentators erlangen, um gegen diesen selbst vorgehen zu können. Hierzu schaltete der Politiker einen Anwalt ein, der – soweit ich es verstanden habe – vom Forenbetreiber (also der Augsburger Allgemeinen Zeitung) Unterlassung und die Herausgabe der Nutzerdaten verlangte. Die Herausgabe der Nutzerdaten verweigerte die Redaktion unter Verweis auf das Datenschutzrecht des Kommentators und die Meinungsfreiheit.

Der Anwalt des Politikers stellte darauf hin für seinen Mandanten Strafanzeige und es wurde ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt, um die Nutzerdaten heraus zu verlangen. Zu einer Durchsuchung kam es nicht, da die Redaktion die Daten dann herausgab.

Warum wird der Durchsuchungsbeschluss kritisiert?

Der Durchsuchungsbeschluss wird mannigfaltig kritisiert.

Ein Ansatz ist, dass gar kein Straftatbestand vorläge, da die Äußerung schon keine Beleidigung darstelle, sondern von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Hierzu kann ich an dieser Stelle keine Aussage treffen, da ich weder den genauen Wortlaut noch den Kontext, in dem dieser getätigt wurde, kenne. Allerdings spricht der Durchsuchungsbeschluss dafür, dass der zuständige Richter eine eben solche erkannte.

Weiter sei der Durchsuchungbeschluss rechtswidrig ergangen, da der Durchsuchung § 97 V StPO, mithin das „redaktionelle Beschlagnahmeverbot“, entgegenstehe. Die Pressefreiheit ist aus gutem Grund ein hohes Gut und über verschiedene Normen besonders geschützt. Auch die Quellen der Presse unterstehen diesem besonderen Schutz, es besteht keine Verpflichtung, diese Quellen seitens der Redaktionen offen zu legen. Der Kollege Stadler sieht im vorliegenden Fall den Quellenschutz verletzt und hält den Durchsuchungsbeschluss deswegen für rechtswidrig.  Selbiges wird von verschiedenen Tageszeitung wie zum Beispiel der taz kolportiert.

Warum kein Beschlagnahmeverbot vorliegt

Es besteht jedoch kein Beschlagnahmeverbot im vorliegenden Fall (Sorry, lieber Kollege Stadler, wir können unsere Auffassungen dann gerne im April in Passau diskutieren! 🙂 ) und zwar aus den folgenden Gründen:

Kein Quellenschutz für Kommentatoren in einem Forum

Richtig ist, dass – wie oben gesagt – auch die Quellen der Presse einen besonderen Schutz genießen und die Redaktionen diese Quellen (aus gutem Grund!) nicht preisgeben müssen. So stellte das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 77/96 mwN) längst klar, dass „der Schutz der Pressefreiheit … ebenfalls die Wiedergabe von Beiträgen Außenstehender, einschließlich der anonymen Veröffentlichung von Zuschriften Dritter“ [umfasst].

Aber vorliegend handelt es sich gerade nicht um eine anonyme Veröffentlichung von Zuschriften Dritter DURCH die Redaktion und damit des Presseorgans selbst.

Es verhält sich in der Regel so, dass derartiger User Generated Content nicht die Redaktion durchläuft und damit nicht Teil des redaktionellen Angebots wird – sprich die Beiträge geprüft und im redaktionellen Kontext eingebettet und freigegeben werden. Im Fall solch einer Prüfung und Selektion wäre die Redaktion als Forenbetreiber für Entäußerungen Dritter voll verantwortlich. Doch auch wenn sie keine inhaltlich Prüfung der Beiträge vornehmen, sind Forenbetreiber über die sogenannte Störerhaftung für die Äußerungen Dritter verantwortlich, d.h. der Forenbetreiber haftet jedenfalls ab Kenntnis einer Rechtsverletzung auf Unterlassung, gegebenenfalls kann sich der Forenbetreiber aber auch schadensersatzpflichtig gegenüber dem Verletzten machen, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt hat und diese nicht beseitigt. Aus exakt diesem Grund betonen Forenbetreiber in der Regel, dass sie inhaltlich nicht für die Beiträge Dritter, also der Kommentatoren, verantwortlich sind. In den Nutzungsbedingungen der Augsburger Allgemeinen Zeitung heißt es dazu in Ziffer 7 wörtlich: 

Der Nutzer ist für die von ihm eingestellten Beiträge allein verantwortlich. Die Betreiberin vermittelt lediglich den Zugang dazu.“

Deutlicher geht es nicht. Ein Kommentator ist keine Quelle der Redaktion. Punkt. Er veröffentlicht schlicht eigene Beiträge über die Plattform. Und in Folge dessen besteht natürlich auch kein besonderer „Quellenschutz“. Weiter kann also auch das Beschlagnahmeverbot nicht einschlägig sein. Der Unterschied zu den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen ist damit offensichtlich.

Es wäre auch ein grober Wertungswiderspruch, wenn sich die Betreiber von Foren im Falle der Inanspruchnahme wegen verletzender Inhalte mit der Begründung, es handele sich nicht um eigene Beiträge, aus der vollen Haftung nehmen könnten, zeitgleich aber in dem Falle, in dem ein Verletzter auf die Herausgabe der Nutzerdaten besteht, dieses Ansinnen mit dem Verweis auf den Quellenschutz, der ja nur bei eigenen redaktionellen Beiträgen bestehen kann, ablehnen könnten.

Es besteht (ohnehin) ein Anspruch auf Herausgabe der Nutzerdaten

Der Fall, dass jemand über die Beiträge eines (zunächst) unbekannten Dritten über eine Plattform beleidigt oder sonst an der Persönlichkeit verletzt wird oder aber geschäftsschädigende Äußerungen über sich ergehen lassen muss, ist nicht so neu, als dass es dazu nicht schon Entscheidungen gegeben hätte.

Das AG München:

Im Frühjahr 2011 beschäftigte sich das AG München mit dieser Frage. Ich habe die Entscheidung des AG München ausführlich und sehr kritisch im Blog besprochen. Hier noch einmal in aller Kürze: Ein Verletzter verlangte Herausgabe der Daten von einem Forenbetreiber.

Das AG München sagte dazu: Nein, der Forenbetreiber muss die Daten nicht herausgeben, es gäbe keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Herausgabe, jedenfalls stünde dem der Datenschutz vor (so KG Berlin, Az.: 10 U 262/05, im Jahr 2006). Der verletzte Nutzer sei nicht rechtschutzlos, er könne sich per Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft wenden und diese könne dann die Daten heraus verlangen. (Aha! Dazu sogleich mehr).

Mein Ergebnis lautete hingegen: Ich hielt und halte die Entscheidung des AG München sowohl rechtlich als auch praktisch für äußerst fragwürdig. Die Argumente des AG München überzeugen nicht – schon gar nicht der Verweis auf die Staatsanwaltschaft. das gerade keinen gleichwertigen Ersatz zum Auskunftsanspruch sieht! (Dem Verletzten muss der Auskunftsanspruch aus § 242, 259 BGB zur Seite stehen (Wie gesagt: Hier entlang, wer meine Anmerkungen zum AG München in Gänze lesen mag).

Das OLG Dresden

Das OLG Dresden musste sich zu Beginn des Jahres 2012 ebenfalls mit dieser Frage beschäftigen. Es führte in einem sogenannten Hinweisbeschluss meines Erachtens absolut zu Recht aus:

Er [Am. der Redaktion: Der Auskunftsanspruch] besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (so bereits BGHZ 10, 385). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH GRUR 2001, 841; GRUR 1995, 427; GRUR 1994, 635).”

Übersetzt bedeutet dies: Der durch einen bspw. Blog-Kommentar Verletzte kann seine Verletzung schlecht verfolgen, da er den Verletzer, also den “bösen” Kommentator nicht kennt. Der Blogbetreiber hingegen kann die zu dem Verletzer führenden Daten, wie dessen Email-Adresse, leicht auffinden und herausgeben.

Wer das genauer wissen möchte, der kann meine ausführlichen Anmerkungen zum Urteil des OLG Dresden gerne hier nachlesen.

Und der Datenschutz des Kommentators?

In Fällen der Rechtsverletzung wie vorliegend ein meines Erachtens perfides Argument.

Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass „die Zubilligung des Auskunftsanspruchs, da es sich um einen Anwendungsfall des in § 242 BGB niedergelegten Grundsatzes von Treu und Glauben handelt, unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen [hat]. Dabei sind sowohl die Art und Schwere der Rechtsverletzung als auch die beiderseitigen Interessen des Berechtigten und des Verpflichteten angemessen zu berücksichtigen (vgl. BGH MDR 2002, 228 , 229 m.w.N.).“ (s. LG Berlin Az. 27 O 616/05)

Das heißt dem Datenschutz wird innerhalb eines Auskunftsanspruchs im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung Rechnung getragen. Das Recht auf Datenschutz und die Art und Weise der Rechtsverletzung stehen sich dann gegenüber. Wenn es sich um eine nicht unerhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung handelt, kann auf das Argument des Datenschutzes auf seiten des Verletzers jedenfalls nicht reüssiert werden.

Welche Auswirkungen hat das für den vorliegenden Fall?

Ganz offensichtlich ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch eines Verletzten gegenüber einem Forenbetreiber auf Herausgabe der Daten eine Verletzers besteht. Dies wusste sicher auch der Anwalt des CSU-Politikers. Die Angelegenheit spielt in Augsburg. Und der Anwalt tat wie ihm vom AG München geheißen:  Er sah sich – „mangels“ zivilrechtlichem Auskunftsanspruchs – gezwungen, den Weg über die Staatsanwaltschaft zu gehen, um an die Daten zu gelangen.

Denkt man dies weiter und nähme man nun an, es gäbe einerseits keinen zivilrechtlichen Anspruch, aber andererseits einen (nicht bestehenden! siehe oben) Quellenschutz eines Kommentators, so könnte nach dieser Rechts“logik“ ein Verletzter also weder über den zivilrechtlichen Weg noch über die Staatsanwaltschaft an die Daten des Verletzers gelangen. Der Verletzte würde vollkommen rechtsschutzlos gegenüber seinem Verletzer dastehen. Ein vollkommen unbilliges Ergebnis.

Fazit

Die Annahme eines bestehenden „Quellenschutzes“ halte ich in Fällen des User Generated Content wie vorliegend für falsch. Richtig ist meines Erachtens das Vorhandensein eines zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs, in dem natürlich die Rechte der Betroffenen im Rahmen der Interessenabwägung zu einem vernünftigen Ausgleich gebracht werden können – aber in jedem Fall ein klarer Rechtsweg für diese Fälle offen steht und die Hürde der strafrechtlichen Anzeige und der Einschaltung der Staatsanwaltschaft dem Verletzten gar nicht erst auferlegt wird.

In diesem Sinne,

einfach immer nett bleiben! ’nd

PS: Schon gestern wurde ich dazu von der w&v interviewt. Vielen Dank dafür! Das Interview kann hier abgerufen werden.

Update: Abmahnung wegen Vorschaubildern auf Facebook – BGH-Entscheidung „Thumbnail“ wegen OpenGraph-Funktion doch grundsätzlich vergleichbar

Gestern berichtete ich über die erste bekannt gewordene urheberrechtliche Abmahnung auf Facebook. Vorgegangen wurde gegen ein Vorschaubild einer Website, welches beim Posten eines Links auf FB gezeigt wurde.

Nun gibt es die Thumbnail-Entscheidung des BGH. Ganz verkürzt dargestellt gibt danach der Urheber quasi die Einwilligung zur Anzeige der Thumbnail-Bilder, wenn er das Abgreifen der Bilder nicht via robot.txt unterbindet.

BGH-Entscheidung „Thumbnail“ vergleichbar?

Klarstellung vom 08.01.2013: Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf den Fall, in dem ein Link von einem Nutzer bei Facebook gepostet (geteilt) wird und Facebook sich dieses Bild grundsätzlich automatisch „zieht“. Nicht gemeint ist jegliches Teilen (Sharing) von Inhalten wie Bildern oder Videos, die von den Nutzern explizit geteilt bzw. zum Teilen gar hochgeladen werden.

Da ich bislang dachte, dass ein vergleichbares Unterbinden der Vorschaubilder bei Facebook durch einen Webseitenbetreiber nicht möglich ist, ging ich davon aus, dass also auch die BGH-Entscheidung grundsätzlich nicht vergleichbar sei.

Aber Dank meines Lesers Renato wurde ich diesbezüglich eines Besseren belehrt. Das geht nämlich quasi doch über die OpenGraph-Funktion bei Facebook (und auch bei Google+). Da ich nicht allwissend im Bereich der OpenGraph-Technologie bin, habe ich kurzerhand den wahren Meister Martin Thielecke von versionzwei dazu befragt.

Martin erklärte mir, dass man durch einen Befehl (<meta property=“og:image“ content=“http://example.com/images/blank.gif“ />) dafür sorge tragen kann, dass eben nur ein bestimmtes Bild von Facebook & Co in die Vorschaubilder einbezogen wird. Also könnte der Webseitenbetreiber ein Bild – wie etwa das eigenen Logo – auswählen, bei dem die Vorschaufunktion eben „genehmigt“ wäre. Oder wenn auch das nicht gewollt ist, könnte eine vollkommen falsche URL eingegeben werden, denn in diesem Fall findet Facebook nichts und es wird gar kein Bild angezeigt.

Wenn ich die Ausführung von Martin richtig verstanden und wiedergeben habe (korrigier mich sonst bitte), wäre die Entscheidung des BGH zu den Google-Thumbnails doch grundsätzlich übertragbar. Darin heißt es:

…hat sich die Klägerin mit dem Einstellen der Abbildungen ihrer Werke in das Internet, ohne diese gegen das Auffinden durch Suchmaschinen zu sichern, mit der Wiedergabe ihrer Werke in Vorschaubildern der Suchmaschine der Beklagten einverstanden erklärt.“

Übertragen auf Facebook/Google+ und die OpenGraph-Technologie würde das bedeuten, dass derjenige Berechtigte, der Bilder auf eine Webseite stellt und nicht Sorge dafür trägt, dass diese Bilder nicht als Vorschaubilder zu erkennen sind, eben das Einverständnis zur Vorschau auch bei Facebook und Google+ erklärt. Und das bedeutet weiter, dass der Berechtigte (Urheber oder Inhaber umfänglicher Nutzungsrechte) eben im Falle der „Einverständniserklärung“ keine Möglichkeit hätte, erfolgreich einen Unterlassungs- oder gar Schadensersatzanspruch gegen den „Linkverteiler“ bei Facebook oder G+ wegen des Vorschaubildes erfolgreich durchzusetzen.

Gegen diese Übertragung der Thumbnails-Rechtsprechung des BGH auf auf Facebook-Vorschaubilder mag nun mancher Folgendes einwenden:

Ein  Unterschied zwischen dem Robots Exclusion Standard und der „OpenGraph“-Technologie ist, dass es sich beim „Robots Exclusion Standard“  um einen „quasi-offiziellen“, faktisch allgemeingültigen Webstandard handelt, der seit etwa 1994 existiert (auch wenn es kein RFC dazu gibt) und eben nicht nicht um eine Technologie von Google.

Der BGH stellt in Thumbnail darauf ab, dass man als Rechteinhaber wissen muss: Was ich online Stelle, das werden Suchmaschinen (gleich welche!) erfassen und indizieren – wenn ich sie nicht per „robots.txt“ ausschließe. Würde man nun man nun vom Rechteinhaber fordern, jede denkbare Technik (verschiedener Unternehmen) zum Schutz seines Contents anzuwenden, könnte argumentiert werden, dass dies auf eine „Opt Out“-Regelung bezüglich der Nutzung hinausliefe (was konträr zum jetzigen Urheberrecht liefe).

Aber dennoch: Die  Situationen „Google / robots.txt“ und „Facebook / Open Graph“ sind aus meiner Sicht so gut vergleichbar, dass der Rechtsgedanke des BGH hier Anwendung finden kann. Denn mittlerweile sind soziale Netzwerke wie Facebook und Google+ derart verbreitet und grundlegend für die Kommunikation im Web, dass man „Open Graph“ einen ähnlichen Stellenwert wie der robots.txt beimessen kann, jedenfalls bald wohl beimessen muss.

Grundsätzlich übertragbar?!

Grundsätzlich wäre die Entscheidung also aus meiner Sicht übertragbar. Aber der Jurist schreibt immer grundsätzlich, wenn es doch noch eine weitere Möglichkeit/Problematik gibt. Denn man stelle sich das Folgende vor:

Ein Urheber oder Berechtigter sichert seine Bilder mittels vorgenannter Technik gegen die Vorschaufunktion. Doch oh weh. Ein anderer Seitenbetreiber hat das Bild geklaut. Und nun  verlinkt ein Facebook-Nutzer die Seite mit dem geklauten Bild auf Facebook. Und, oops, natürlich erscheint eben dieses Bild auf Facebook in der Vorschau. Da, wo es eigentlich nicht hinsollte. Und schon haben wir wieder ein Problem, dass durch die OpenGraph-Funktion nicht gelöst ist.

Den eigentlichen Bilder-Dieb außen vor lassend, fragen wir uns, was passiert dann mit dem Facebook-Nutzer? Tja. An dieser Stelle greift die sogenannte Störerhaftung:

Als Störer haftet derjenige auf Unterlassung, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt.“ (BGH I ZR 35/04 mwN)

Ergo, auch wenn der Facebook-Nutzer nur den Link setzt und sich gar keine Gedanken über das Bild macht, besteht eine Haftung jedenfalls auf Unterlassung und ggf. auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung. Denn der Facebook-Nutzer handelt als Störer im Sinne des BGH.

Ob der Faceboook-Nutzer in diesem Fall jedoch auch auf Schadensersatz haftet, ist so eine Sache. Denn nach  dem Wortlaut von § 97 UrhG genügt ein fahrlässiges Handeln, um auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Und einfach ein Bild in die Welt zu schicken, bei dem ich nicht weiß, ob das erlaubt ist, ist fahrlässiges Handeln. Es ist schließlich vorhersehbar, dass eine Einwilligung des Berechtigten nicht vorliegen könnte. Und insoweit könnte auch der Schadensersatzanspruch bejaht werden.

Allerdings wäre es nach der Thumbnail-Rechtsprechung des BGH nur konsequent, dass in solch einem Fall der Facebook-Nutzer davon ausgehen können muss, dass ein Bild, welches in der Vorschau „freigegeben“ wurde, auch berechtigterweise frei gegeben wurde. Anders ausgedrückt: Der Nutzer, der ein Link mit einem Vorschau-Bild postet, kann kaum überprüfen, ob der Berechtigte oder ein Unberechtigter die „Freigabe“ zur Vorschau-Funktion erteilt hat.

Die Hardliner würden dem wiederum entgegensetzen, dass es darauf nicht ankomme und dass nicht das Problem des Urhebers oder Berechtigten sein könne und sein dürfe (ein Standpunkt der ebenfalls nachvollziehbar ist). Und dass in Folge dessen in dem Fall, in dem ich nicht weiß, ob das Bild „okay“ ist, eben ein Link ohne Vorschaubild auf Facebook gepostet werden muss.

Mhm. Denkt mane ich mir sich an dieser Stelle. Rein juristisch mag das richtig sein. Aber praktisch? Im Zweifel keine Vorschaubilder auf Facebook? Doof. Und damit zur

guten Nachricht.

Es gibt keine Gerichtsentscheidung zu der Frage. Wenn ich es richtig sehe, haben bislang noch nicht einmal die Kollegen die OpenGraph-Funktion in Ihren Überlegungen berücksichtigt (ich tat es ja bisher auch nicht). Und die BGH-Richter zeigen sich in „Internetsachen“ oft erstaunlich pragmatisch. So ist zwar alldieweil eine Rechtsunsicherheit auszuhalten und eine gerichtliche Entscheidung bleibt abzuwarten, aber selbst wenn eine „Abmahnwelle“ bei Vorschaubildern rollen sollte, ist dem mit der hier aufgezeigten Argumentation ruhig entgegen zu sehen.

Andere Auffassung

Nicht verhehlen möchte ich an dieser Stelle, dass mein Partner, der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Stephan Dirks, mit dem ich über diesen Blogartikel und meine Rechtsmeinung sprach, anderer Auffassung ist. Er würde auch gerne mit den Richtern des BGH über die Thumbnail-Entscheidung streiten. Aber ich fürchte, das ändert an dieser auch nichts mehr… ;-).

In diesem Sinne,

weiterhin viel Spaß mit Facebook & Google+ und den Vorschaubildern.

PS: Expliziten Dank an Renato und Martin.
PPS: Hoffentlich habe ich Martin richtig verstanden. 😉

Der Anspruch auf Herausgabe von Nutzerdaten gegen einen Blogbetreiber (Auskunftsanspruch §§ 242, 259 BGB)

Es kommt immer wieder vor, dass User Kommentierungs- oder sonstige UserGeneratedContent-Funktionen von Blogs oder sonstigen Seiten dazu benutzen, andere User herabzuwürdigen, zu schmähen, zu beleidigen oder sich in Bezug auf Dritte geschäftsschädigend zu äußern. Die durch andere Nutzer Verletzten können gegen diese aber in der Regel nicht direkt vorgehen, da die User zumeist unter einem Pseudonym auftreten und nur dem Seitenbetreiber die realen Daten des verletzenden Nutzers bekannt sind.

Da dies natürlich eine unbefriedigende Situation für denjenigen ist, dessen Persönlichkeitsrecht verletzt oder dessen Unternehmen geschäftsschädigende Äußerungen ertragen muss, beschäftigen sich folgerichtig zunehmend die Gerichte mit diesem Thema.

Wer nun meint, dieses Thema hätte es im Blog doch schon einmal gegeben, der erinnert sich augenscheinlich und zu recht an meinen Blogpost „AG München – Herausgabe von Nutzerdaten durch einen Forenbetreiber?“aus März 2011. Dort analysierte ich das Urteil des AG München, Az.: 161 C 24062/10, das sich eben mit der Frage beschäftigte, ob Forenbetreiber die Nutzungsdaten von Usern, die (vermeintlich) geschäftsschädigende Äußerungen innerhalb des Forums tätigten, herausgeben müssen.

Das tl;dr Ergebnis des AG München dazu lautet: Nein, der Forenbetreiber muss die Daten nicht herausgeben, es gäbe keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Herausgabe, jedenfalls stünde dem der Datenschutz vor (so KG Berlin, Az.: 10 U 262/05, im Jahr 2006). Der verletzte Nutzer sei nicht rechtschutzlos, er könne sich per Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft wenden und diese könne dann die Daten heraus verlangen.

Mein tl;dr Ergebnis lautet hingegen: Ich hielt und halte die Entscheidung des AG München sowohl rechtlich als auch praktisch für äußerst fragwürdig. Die Argumente des AG München überzeugen nicht. Dem Verletzten muss der Auskunftsanspruch aus § 242, 259 BGB zur Seite stehen. (Wer meine ausführliche Analyse zu dem Urteils des AG München lesen möchte, bitte hier entlang.)

OLG Dresden bejaht den Auskunftsanspruch nach §§ 242, 259 BGB

Nun hat sich zu Beginn diesen Jahres das OLG Dresden (Az.: 4 U 1850/11) in einem sog. Hinweisbeschluss mit der Materie befasst. Die Entscheidung ist interessant und mir persönlich eine Freude, schließt sich das OLG Dresden doch meinen Ausführungen zum Auskunftsanspruch nach § 242, 259 BGB an. *ähem.*hust. Natürlich nicht. 😉 Vielmehr stützt es sich auf die – auch von mir zitierten und zur Begründung herangezogenen – Ausführungen des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 242, 259 BGB, also die quasi seit dem Anbeginn der Zeit (BGH, Az. II ZR 149/52 vom 28.10.1953)  bis heute gültige (BGH, I ZR 291/98 vom 17. Mai 2001) ständige Rechtsprechung des BGH.

Zwar spricht das OLG Dresden im vorliegenden konkreten Fall den Auskunftsanspruch dem Kläger nicht zu. Dies jedoch nur deswegen, da es sich bei der im Streit stehenden Äußerung um ein von der Meinungsfreiheit gedecktes Werturteil handelte (Einzelheiten dazu: OLG Dresden (Az.: 4 U 1850/11), I, 2. a), b) und c).

Ausführlich weist das Gericht jedoch darauf, dass der allgemein bürgerrechtliche Auskunftsanspruch nach § 242, 259 BGB grundsätzlich anwendbar ist. Das OLG Dresden führt wörtlich in Ziffer I 4. b) dazu aus:

Er [Am. der Redaktion: Der Auskunftsanspruch] besteht grundsätzlich in jedem Rechtsverhältnis, in dem der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechtes im Ungewissen und der Verpflichtete unschwer zur Auskunftserteilung in der Lage ist (so bereits BGHZ 10, 385). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH GRUR 2001, 841; GRUR 1995, 427; GRUR 1994, 635).“

Übersetzt bedeutet dies: Der durch einen bspw. Blog-Kommentar Verletzte kann seine Verletzung schlecht verfolgen, da er den Verletzer, also den „bösen“ Kommentator nicht kennt. Der Blogbetreiber hingegen kann die zu dem Verletzer führenden Daten, wie dessen Email-Adresse, leicht auffinden und herausgeben. Dies muss er auch tun, denn:

Stellt sich ein Kommentar in einem Blog als rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Verletzten dar, unterliegt nämlich auch der Blogbetreiber ebenso wie ein Hostprovider unter bestimmten Voraussetzungen, namentlich bei Verletzung von Prüfpflichten, der allgemeinen Störerhaftung (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10 – zitiert nach Pressemitteilung; NJW 2011, 753; CR 2010, 458; Senat, Hinweisbeschluss vom 7.10.2011, 4 U 919/11 n.v.).“

Und dann kommt es:

Der Auskunftsanspruch ergibt sich dann als Minus zu den ansonsten bestehenden Ansprüchen auf Unterlassung und Löschung persönlichkeitsverletzender Einträge.

Sic! Eben. Der Auskunftsanspruch nach §§ 242, 259 BGB auf Herausgabe der Nutzerdaten steht also dem Verletzten gegenüber dem Blog- oder sonstigen Seitenbetreiber zu.

Nicht verhehlen möchte ich aber, dass sich das Urteil ausdrücklich – gar im Leitsatz (!) – gegen den am 03.08.2011 ergangenen Hinweisbeschluss des OLG Hamm (Az. I-3 U 196/10) stellt, welcher das Bestehen des Auskunftsanspruchs eben so wie das AG München unter Verweis auf die vorgeblich fehlende „planwidrige Regelungslücke“ verneint.

Wie gesagt, die besseren Argumente sprechen mE für die Auffassung des OLG Dresden. Bei diesen divergierenden oberlandesgerichtlichen Rechtsauffassungen bleibt jedoch abzuwarten, was irgendwann einmal der BGH zu dieser Frage sagen wird…

In diesem Sinne,

auf konstruktiven statt rechtsverletzenden UserGeneratedContent! 🙂