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Bundesgerichtshof (BGH) verneint Auskunftsanspruch auf Herausgabe von Nutzerdaten gegen Betreiber eines Internetportals – Ich bin betrübt.

Mit einem Seufzen auf den Lippen sah ich heute morgen auf Twitter die Nachricht, dass BGH einen Auskunftsanspruch gegenüber Portalbetreibern verneint. Ich hoffte auf ein Missverständnis. Doch hier ist sie nun die

Pressemitteilung des BGH vom 01.07.2014.

Demnach sei

der Betreiber eines Internetportals […] in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne des § 12 Abs. 2 TMG grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln.

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Update: Abmahnung wegen Vorschaubildern auf Facebook – BGH-Entscheidung „Thumbnail“ wegen OpenGraph-Funktion doch grundsätzlich vergleichbar

Gestern berichtete ich über die erste bekannt gewordene urheberrechtliche Abmahnung auf Facebook. Vorgegangen wurde gegen ein Vorschaubild einer Website, welches beim Posten eines Links auf FB gezeigt wurde.

Nun gibt es die Thumbnail-Entscheidung des BGH. Ganz verkürzt dargestellt gibt danach der Urheber quasi die Einwilligung zur Anzeige der Thumbnail-Bilder, wenn er das Abgreifen der Bilder nicht via robot.txt unterbindet.

BGH-Entscheidung „Thumbnail“ vergleichbar?

Klarstellung vom 08.01.2013: Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf den Fall, in dem ein Link von einem Nutzer bei Facebook gepostet (geteilt) wird und Facebook sich dieses Bild grundsätzlich automatisch „zieht“. Nicht gemeint ist jegliches Teilen (Sharing) von Inhalten wie Bildern oder Videos, die von den Nutzern explizit geteilt bzw. zum Teilen gar hochgeladen werden.

Da ich bislang dachte, dass ein vergleichbares Unterbinden der Vorschaubilder bei Facebook durch einen Webseitenbetreiber nicht möglich ist, ging ich davon aus, dass also auch die BGH-Entscheidung grundsätzlich nicht vergleichbar sei.

Aber Dank meines Lesers Renato wurde ich diesbezüglich eines Besseren belehrt. Das geht nämlich quasi doch über die OpenGraph-Funktion bei Facebook (und auch bei Google+). Da ich nicht allwissend im Bereich der OpenGraph-Technologie bin, habe ich kurzerhand den wahren Meister Martin Thielecke von versionzwei dazu befragt.

Martin erklärte mir, dass man durch einen Befehl (<meta property=“og:image“ content=“http://example.com/images/blank.gif“ />) dafür sorge tragen kann, dass eben nur ein bestimmtes Bild von Facebook & Co in die Vorschaubilder einbezogen wird. Also könnte der Webseitenbetreiber ein Bild – wie etwa das eigenen Logo – auswählen, bei dem die Vorschaufunktion eben „genehmigt“ wäre. Oder wenn auch das nicht gewollt ist, könnte eine vollkommen falsche URL eingegeben werden, denn in diesem Fall findet Facebook nichts und es wird gar kein Bild angezeigt.

Wenn ich die Ausführung von Martin richtig verstanden und wiedergeben habe (korrigier mich sonst bitte), wäre die Entscheidung des BGH zu den Google-Thumbnails doch grundsätzlich übertragbar. Darin heißt es:

…hat sich die Klägerin mit dem Einstellen der Abbildungen ihrer Werke in das Internet, ohne diese gegen das Auffinden durch Suchmaschinen zu sichern, mit der Wiedergabe ihrer Werke in Vorschaubildern der Suchmaschine der Beklagten einverstanden erklärt.“

Übertragen auf Facebook/Google+ und die OpenGraph-Technologie würde das bedeuten, dass derjenige Berechtigte, der Bilder auf eine Webseite stellt und nicht Sorge dafür trägt, dass diese Bilder nicht als Vorschaubilder zu erkennen sind, eben das Einverständnis zur Vorschau auch bei Facebook und Google+ erklärt. Und das bedeutet weiter, dass der Berechtigte (Urheber oder Inhaber umfänglicher Nutzungsrechte) eben im Falle der „Einverständniserklärung“ keine Möglichkeit hätte, erfolgreich einen Unterlassungs- oder gar Schadensersatzanspruch gegen den „Linkverteiler“ bei Facebook oder G+ wegen des Vorschaubildes erfolgreich durchzusetzen.

Gegen diese Übertragung der Thumbnails-Rechtsprechung des BGH auf auf Facebook-Vorschaubilder mag nun mancher Folgendes einwenden:

Ein  Unterschied zwischen dem Robots Exclusion Standard und der „OpenGraph“-Technologie ist, dass es sich beim „Robots Exclusion Standard“  um einen „quasi-offiziellen“, faktisch allgemeingültigen Webstandard handelt, der seit etwa 1994 existiert (auch wenn es kein RFC dazu gibt) und eben nicht nicht um eine Technologie von Google.

Der BGH stellt in Thumbnail darauf ab, dass man als Rechteinhaber wissen muss: Was ich online Stelle, das werden Suchmaschinen (gleich welche!) erfassen und indizieren – wenn ich sie nicht per „robots.txt“ ausschließe. Würde man nun man nun vom Rechteinhaber fordern, jede denkbare Technik (verschiedener Unternehmen) zum Schutz seines Contents anzuwenden, könnte argumentiert werden, dass dies auf eine „Opt Out“-Regelung bezüglich der Nutzung hinausliefe (was konträr zum jetzigen Urheberrecht liefe).

Aber dennoch: Die  Situationen „Google / robots.txt“ und „Facebook / Open Graph“ sind aus meiner Sicht so gut vergleichbar, dass der Rechtsgedanke des BGH hier Anwendung finden kann. Denn mittlerweile sind soziale Netzwerke wie Facebook und Google+ derart verbreitet und grundlegend für die Kommunikation im Web, dass man „Open Graph“ einen ähnlichen Stellenwert wie der robots.txt beimessen kann, jedenfalls bald wohl beimessen muss.

Grundsätzlich übertragbar?!

Grundsätzlich wäre die Entscheidung also aus meiner Sicht übertragbar. Aber der Jurist schreibt immer grundsätzlich, wenn es doch noch eine weitere Möglichkeit/Problematik gibt. Denn man stelle sich das Folgende vor:

Ein Urheber oder Berechtigter sichert seine Bilder mittels vorgenannter Technik gegen die Vorschaufunktion. Doch oh weh. Ein anderer Seitenbetreiber hat das Bild geklaut. Und nun  verlinkt ein Facebook-Nutzer die Seite mit dem geklauten Bild auf Facebook. Und, oops, natürlich erscheint eben dieses Bild auf Facebook in der Vorschau. Da, wo es eigentlich nicht hinsollte. Und schon haben wir wieder ein Problem, dass durch die OpenGraph-Funktion nicht gelöst ist.

Den eigentlichen Bilder-Dieb außen vor lassend, fragen wir uns, was passiert dann mit dem Facebook-Nutzer? Tja. An dieser Stelle greift die sogenannte Störerhaftung:

Als Störer haftet derjenige auf Unterlassung, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt.“ (BGH I ZR 35/04 mwN)

Ergo, auch wenn der Facebook-Nutzer nur den Link setzt und sich gar keine Gedanken über das Bild macht, besteht eine Haftung jedenfalls auf Unterlassung und ggf. auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung. Denn der Facebook-Nutzer handelt als Störer im Sinne des BGH.

Ob der Faceboook-Nutzer in diesem Fall jedoch auch auf Schadensersatz haftet, ist so eine Sache. Denn nach  dem Wortlaut von § 97 UrhG genügt ein fahrlässiges Handeln, um auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Und einfach ein Bild in die Welt zu schicken, bei dem ich nicht weiß, ob das erlaubt ist, ist fahrlässiges Handeln. Es ist schließlich vorhersehbar, dass eine Einwilligung des Berechtigten nicht vorliegen könnte. Und insoweit könnte auch der Schadensersatzanspruch bejaht werden.

Allerdings wäre es nach der Thumbnail-Rechtsprechung des BGH nur konsequent, dass in solch einem Fall der Facebook-Nutzer davon ausgehen können muss, dass ein Bild, welches in der Vorschau „freigegeben“ wurde, auch berechtigterweise frei gegeben wurde. Anders ausgedrückt: Der Nutzer, der ein Link mit einem Vorschau-Bild postet, kann kaum überprüfen, ob der Berechtigte oder ein Unberechtigter die „Freigabe“ zur Vorschau-Funktion erteilt hat.

Die Hardliner würden dem wiederum entgegensetzen, dass es darauf nicht ankomme und dass nicht das Problem des Urhebers oder Berechtigten sein könne und sein dürfe (ein Standpunkt der ebenfalls nachvollziehbar ist). Und dass in Folge dessen in dem Fall, in dem ich nicht weiß, ob das Bild „okay“ ist, eben ein Link ohne Vorschaubild auf Facebook gepostet werden muss.

Mhm. Denkt mane ich mir sich an dieser Stelle. Rein juristisch mag das richtig sein. Aber praktisch? Im Zweifel keine Vorschaubilder auf Facebook? Doof. Und damit zur

guten Nachricht.

Es gibt keine Gerichtsentscheidung zu der Frage. Wenn ich es richtig sehe, haben bislang noch nicht einmal die Kollegen die OpenGraph-Funktion in Ihren Überlegungen berücksichtigt (ich tat es ja bisher auch nicht). Und die BGH-Richter zeigen sich in „Internetsachen“ oft erstaunlich pragmatisch. So ist zwar alldieweil eine Rechtsunsicherheit auszuhalten und eine gerichtliche Entscheidung bleibt abzuwarten, aber selbst wenn eine „Abmahnwelle“ bei Vorschaubildern rollen sollte, ist dem mit der hier aufgezeigten Argumentation ruhig entgegen zu sehen.

Andere Auffassung

Nicht verhehlen möchte ich an dieser Stelle, dass mein Partner, der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Stephan Dirks, mit dem ich über diesen Blogartikel und meine Rechtsmeinung sprach, anderer Auffassung ist. Er würde auch gerne mit den Richtern des BGH über die Thumbnail-Entscheidung streiten. Aber ich fürchte, das ändert an dieser auch nichts mehr… ;-).

In diesem Sinne,

weiterhin viel Spaß mit Facebook & Google+ und den Vorschaubildern.

PS: Expliziten Dank an Renato und Martin.
PPS: Hoffentlich habe ich Martin richtig verstanden. 😉

Das Urteil des OLG München (Az.: 29 U 1682/12) zum Double-Opt-In verändert – nichts.

Die Veröffentlichung des Urteils des LG Münchens (Az.: 29 U 1682/12) ist nun schon ein paar Tage her. Der Aufschrei in der Online-Szene war groß. Es hieß, im Rahmen des Double-Opt-In versendete Bestätigungs-Emails seien Spam. Marketing-Fachzeitschriften wie Horizont („Steht das Email-Marketing vor dem Aus?„) und Blogs wie Gewerblicher Rechtsschutz Pro („Tod des Double-Opt-Ins„) griffen die Thematik entsprechend auf und rieten zum Teil  „Bis auf weiteres ist jedenfalls vom Double-Opt-In abzuraten“. Andere Kollegen, wie der hier schon oft zitierte Thomas Schwenke, hielten demgegenüber umgehend „Checklisten“ bereit, wie man weiterhin sicher Email-Marketing betreiben kann und darf („OLG München: Double-Opt-In-Bestätigungsemail ist Spam – Aber nicht, wenn Sie diese Checkliste beachten„).

Tja. Der Titel verrät es schon. Ich halte die Aufregung um das Urteil für, mhm, gegenstandslos. Jedenfalls im praktischen Zusammenhang mit dem Betreiben von Email-Marketing. Und rechtlich? Die Rechtsfindung könnte als einfallsreich beschrieben werden. Der Einfallsreichtum des OLG München liegt aber nicht auf einer Linie mit dem Bundesgerichtshof (BGH). Aufgrund dessen und aufgrund der zahlreichen Nachfragen, die ich zu dem Urteil in den letzten Tagen hatte, fühle ich mich bemüßigt, hier noch ein paar Zeilen zu verfassen, auch wenn sich viele andere ebenfalls schon mit dem Urteils auseinandergesetzt haben.

Aber zunächst zurück auf Start. Hier mal der Sachverhalt (soweit bekannt) und das Urteil des OLG München im Detail auseinander genommen:

Der Sachverhalt

Eine Steuerberatungsgesellschaft erhielt von einer Anlageberatung am 20. Februar 2012 eine Email mit dem Inhalt

„Betreff: Bestätigung zum H Newsletter

Willkommen bei unserem Newsletter(n)… Sie haben sich mit Ihrer Email-Adresse an folgendem oder folgenden Newsletter(n) angemeldet:

*Newsletter

Wenn diese Angaben richtig sind bitten wir Sie folgenden URL zu klicken um das Abonnement zu bestätigen http://www.h….eu/newsletter/?p…439

Sollte das aber ein Fehler sein, so bitten wir Sie diese Email einfach nur zu löschen.
Vielen Dank“

Im Verlaufe des Prozesses kam heraus, dass der Link in dieser Email vollkommen unstreitig seitens des Steuerberatungsbüros angeklickt wurde, denn schließlich wurde – unstreitig – nur dadurch die folgende Email am 21. Februar 2012 generiert und versendet:

„Betreff: Willkommen beim H Newsletter

Willkommen beim H Newsletter. Bitte speichern Sie diese eMail als Referenz.  Ihre eMail Adresse wurde für folgenden Newsletter hinterlegt:

*Newsletter

Um den Newsletter wieder abzubestellen klicken Sie bitte
http://www.h….eu/newsletter/?p…439b und folgen Sie den dort angeführten Schritten.
Um Ihre Kontaktangaben zu aktualisieren, klicken Sie bitte auf
http://www.h….eu/newsletter/?p…439b
Vielen Dank“

Das Steuerberatungsbüro sah in beiden Emails, die ihr ohne vorherige Einwilligung zugegangen seien, einen Wettbewerbsverstoß und einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Auffassung des OLG München

Das OLG bejahte einen Unterlassungsanspruch. Ein Wettbewerbsverhältnis sah das Gericht zwischen den Parteien nicht, so dass der Anspruch nur aufgrund eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 823, 1004 BGB der Klägerin zustand.

Hier statuiert das Gericht „Die Zusendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige Einwilligung des Adressaten stellt einen unmittelbaren Eingriff in den Gewerbebetrieb dar.“ So weit so klar. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist „Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern„. Und so folgert das OLG München, eine E-Mail, welcher das Bestreben zu Grunde liegt, eine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten für weitere Werbemaßnahmen zu erlangen, enthalte das Ziel, die Erbringung eigener Dienstleistungen zu erbringen. Ergo handele es sich bei dieser E-Mail um eine Werbe-E-Mail – gleich ob weitere Werbung in der E-Mail enthalten sei. An dieser Stelle beruft sich das OLG auf die ein Urteil des BGH (Az.: I ZR 218/07) zur E-Mail Werbung, wonach unverlangte Werbe-E-Mails aufgrund der Notwendigkeit der Sichtung und Bewertung stets den Betriebsablauf stören; auch ist der Aufwand für das Aussortieren von Emails dann erheblich, wenn es sich um größere Zahlen unerbetener Emails handelt. In Folge dessen handele es bei der E-Mail um eine unzumutbare Belästigung und damit weiter um einen (unzulässigen) Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Damit ist die Bestätigungs-E-Mail nach dem OLG München unzulässig gewesen. Denn es mangele an einer Einwilligung zu einer derartigen „Werbe-E-Mail“. Schließlich konnte die Beklagte nicht beweisen, dass der Eintrag in die Mailing-Liste durch die Klägerin selbst erfolgte und mithin die notwendige Einwilligung des Steuerberatungsbüros zum Erhalt der Email vorlag. Und da die Beklagte die sogenannte Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, dass sich die Klägerin selbst in diese Liste eingetragen hat, trage, war da eben nichts zu machen. Die Bestätigungs-E-Mail ist also unzulässiger Spam.

Sagt das OLG München. Aber auch nur die E-Mail mit dem Bestätigungslink. Nicht die Willkommens-E-Mail vom 21. Februar. Denn da war ja klar, dass das Steuerberatungsbüro diese durch Klick auf den Bestätigungslink selbst ausgelöst hat.

Eine andere Auffassung

*Wumms. Da sitzt der eine geneigte Leser und muss erstmal schlucken. Hat das OLG also doch gesagt, dass das Double-Opt-In unzulässig ist, da ja solch eine Bestätigungs-E-Mail Spam ist und den BGH hat das Gericht auch noch zitiert. Also stimmt das alles!

Der andere geneigte Leser mag aber denken: Moment! Da war doch was. Es war doch vollkommen unstreitig, dass der Bestätigungslink durch das Steuerberatungsbüro selbst betätigt wurde. Wird dadurch nicht eben zum einen indiziert, dass sich das Steuerberatungsbüro auch selbst in die Liste zum Newsletter-Erhalt eingetragen hat? Denn andernfalls hätte es die Anmeldung zum Newsletter doch gar nicht bestätigen müssen? Und gibt es nicht auch schon eine dezidierte Rechtsprechung des BGH zum Double-Opt-In und eben nicht nur zur Email-Werbung an sich?

Ja. Und ja.

Die Rechtsprechung des BGH

Nach dem Gesetz bedarf die Email-Werbung der vorherigen ausdrücklichen Einwilligung durch den Empfänger. Da ist kein Interpretations-Spielraum. Doch woher eine solche nehmen und nicht stehlen? Muss sich ein Unternehmen diese etwa schriftlich per Briefpost einräumen lassen, bevor es in zulässiger Weise per elektronischer Post Werben darf? Nach Auffassung des OLG München ist dem so. Doch eine derartige Praxisferne liegt dem BGH nicht, wie das Folgende zeigt:

Im Februar 2011 hatte sich der BGH (Az. I ZR 164/09) mit dem Double-Opt-In zu beschäftigen. Und zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob mit dem Double-Opt-In-Verfahren auch der Beweis zu Einwilligung zur Telefonwerbung geführt werden kann. Die Einzelheiten sind hier nicht von Belang, können aber hier und hier im Blog gerne nachgelesen werden. Entscheidend ist, dass der BGH in dieser Entscheidung, die grundsätzliche Zulässigkeit des Double-Opt-In Verfahrens überhaupt nicht in Frage gestellt hat, sondern ganz im Gegenteil wie selbstverständlich von der grundsätzlichen Zulässigkeit ausgeht. So heißt in der Entscheidung des BGH wörtlich:

„Geht ein Teilnahmeantrag elektronisch ein, so kann dessen Absender durch eine E-Mail um Bestätigung seines Teilnahmewunsches gebeten werden. Nach Eingang der erbetenen Bestätigung kann angenommen werden, dass der Antrag tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt. Hat der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens in dem Teilnahmeformular bestätigt, dass er mit der Übersendung von Werbung einverstanden ist, ist grundsätzlich hinreichend dokumentiert, dass er in E-Mail-Werbung an diese E-Mail-Adresse ausdrücklich eingewilligt hat.“

Der BGH verweist auf seine eigene Rechtsprechung und statuiert weiter:

„Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Werbende mit einem solchen Verfahren ausreichend sichergestellt, dass es nicht aufgrund von Falscheingaben zu einer Versendung von E-Mail-Werbung kommt.“

Wir halten fest: Der BGH hält das Double-Opt-In für das reguläre Verfahren, um  die nach dem Gesetz geforderte ausdrückliche Einwilligung zum Versand von Newslettern und sonstigen Werbe-E-Mails durch den E-Mail-Empfänger einzuholen.

(Wichtig: Es reicht natürlich nicht aus, ganz allgemein zu behaupten, es werde stets nach dem Double-Opt-In-Prozess verfahren, sondern es muss der konkrete Einzelfall auch nachgewiesen werden können. Sprich, die Einwilligungen müssen protokolliert und gespeichert werden, damit sie gegebenenfalls vorgelegt werden können.)

Klick auf den Bestätigungslink indiziert Eintragung durch Empfänger

Die zuvor zitierte Rechtsprechung des BGH macht weiterdeutlich: Nicht nur das eigene Bauchgefühl hält einen dazu an, zu glauben, derjenige, der einen Bestätigungslink in einer Email zum Versand von Newslettern klickt, werde sich schon selbst dafür eingetragen haben. Auch die Richter des Bundesgerichtshof halten dies für die reguläre Lebenswirklichkeit, auf die entsprechend abzustellen ist. Wie beruhigend.

Fazit

Die Begründung des OLG München trägt nicht. Auch wenn in der Begründung auf das Urteil zur Email-Werbung des BGH (Az.: I ZR 218/07) zurückgegriffen wird: Es geht vorliegend eben nicht um eine E-Mail, die inhaltlich Werbung zu einem Unternehmen enthält und vollkommen unaufgefordert übersendet wird. Sondern es geht um eine reine Bestätigungs-Email. Und hier hätte zwingend das Urteil des BGH (Az. I ZR 164/09) zum Double-Opt-In zur Bewertung herangezogen werden müssen. Eine solche Bestätigungs-Email zwingt den Empfänger auch nicht zu einer Bewertung oder gar dem Aufwand eines Widerspruchs. Auch ist eine Vielzahl von unerwünschten Bestätigungs-Emails, die einen unnötigen Aufwand gleichen Sinne wie übliche Spam-Mails schaffen, nicht ersichtlich.

Schließlich ist es einfach lebensfern unter Verweis auf die Darlegungs- und Beweislast den Versender der Bestätigungs-E-Mail nach dem Beweis für die Einwilligung für die Übersendung eben dieser E-Mail zu fragen, wenn dieses Verfahren eben gerade dafür entwickelt wurde, den Beweis zur Einwilligung zu gewinnen. Es kann nicht ernsthaft gewollt sein, den Abonnenten zunächst Briefpost übersenden zu müssen, damit er die Einwilligung schriftlich erteilt. Auch widerspricht es der Lebenserfahrung, dass demnächst Bestätigungs-Emails im größeren Umfang versendet und die Empfänger belästigen werden. Denn schließlich können sich im Double-Opt-In Belästigung an sich nur dann ergeben, wenn eine nicht berechtigte Person eine konkrete E-Mail-Adresse in ein Onlineformular eingegeben hat (so: Dr. Philipp Kramer und David Oberbeck in der Gründerszene „Double-Opt-In weiterhin gültig“).

Die Revision ist übrigens zugelassen (Aber bis heute nicht eingereicht. Schade.).

Was heißt das für die Praxis?

Für die Praxis bedeutet das, dass das Double-Opt-In nach wie vor das Instrument schlecht hin ist, um sich ordnungsgemäß die vom Gesetz geforderte ausdrückliche Einwilligung von den Email-Empfängern zum Erhalt von Newslettern bzw. Email-Werbung einzuholen und das Instrument, um diese Einwilligung zugleich auch protokollieren zu können.

Und sonst so?

Wie bereits gesagt. Das Urteil wurde zahlreich besprochen.

Etliche Kollegen sehen in dem Urteil eine „Gefahr“ wie schon der zitierte Thomas Seifried („Tod des Double-Opt-Ins„) oder Dr. Bahr („OLG München: Bereits die Check-Mail beim Double Opt-In ist Spam„). Auch der Kollege Dr. Schirmbacher hielt das Urteil zunächst für eine Katastrophe („Da ist die Katastrophe: Double-Opt-In unzulässig – Update„)…

…neun Tage später ist er aber ebenfalls der Meinung, dass das Ende des Double-Opt-In bei weitem nicht in Sicht ist (Double-Opt-In – Wie geht es weiter nach OLG München?) – unter anderem, weil die Rechtsprechung aus München eben nicht mit dem BGH konform geht. Ebenso wenig sehen die Kollegen Prof. Härting und Dramburg den Untergang des Double-Opt-In gekommen.

Die Kollegen Schwenke und Schirmbacher meinen, dass die Speicherung der IP-Adresse, von denen der ursprüngliche Eintrag in die Mailing-Liste vorgenommen wurde sowie der IP-Adresse des Bestätigenden, eine (Hilfe bei der) Lösung der Beweisproblematik darstelle.

Ich halte das aus zweierlei Gründen für wenig hilfreich. Zum einen werden die IP-Adressen vom Provider dynamisch vergeben. Dies bedeutet, dass die IP-Adressen des „Anmeldenden“ und des „Bestätigenden“ nicht zwingend übereinstimmen müssen, obwohl es sich um denselben Anschluss handelt, von dem aus die Handlungen vorgenommen wurden. Und zum anderen: Was kann man an der reinen IP-Adresse zunächst mal nur erkennen? Eben. Den Provider. Nicht mehr. Oder um es mit dem Kollegen Dramburg zu sagen „Die Speicherung der IP-Adresse wird dabei kein Allheilmittel sein„.

Zum anderen ist das meines Erachtens aufgrund der Rechtsprechung des BGH jedenfalls nach Klick des Bestätigungs-Links nicht notwendig. Meines Erachtens folgt aus dem zitierten BGH-Urteil nämlich eine Umkehr der Darlegungslast: Hat der Email-Empfänger auf den Bestätigung geklickt, muss nicht mehr der Werbende den Beweis führen, dass der Empfänger sich eingetragen hat, sondern der Empfänger den Beweis führen, dass er sich nicht eingetragen hat (so auch Schirmbacher).

tl;dr: Keinen Stress. Nicht aufregen. Bis jetzt hat sich weder die – entscheidende! – höchstrichterliche Rechtsprechung geändert, noch ist eine solche Änderung abzusehen.

In diesem Sinne,

frohes rechtskonformes E-Mail-Marketing.