Mitautorin: Melanie Ludolph, zum Veröffentlichungszeitpunkt Referendarin bei Dirks & Diercks Rechtsanwälte
Das Landgericht München I hat mit seinem Urteil vom 31.07.2015, Az.: 4 HK O 21172/14 entschieden, dass bei einem redaktionellen Beitrag auf einer Webseiten der Hinweis „Sponsored“ nicht zur Werbekennzeichnung ausreicht. BÄM.
Himmel! Und jetzt? Was machen wir denn mit all den #sponsered Tweets, Blogartikeln, Facebook- und Instagram-Posts?
Der besonnene Anwalt ruft: Gemach, gemach! Zunächst haben wir nur eine Entscheidung der Bayern. Nicht mehr und nicht weniger. Aber der Reihe nach:
Worum geht es überhaupt?
Mitte September berichtete die Wettbewerbszentrale auf ihrer Homepage darüber, dass sie mit Erfolg gegen gegen eine Kennzeichnung eines werblichen Online-Artikels mit dem Begriff „Sponsored“ vorgegangenen sein. Die Wettbewerbszentrale hat nach eigenen Angaben dabei das oben genannte Urteil vor dem Landgerichten München I erstritten (der Volltext liegt leider bis heute (27.11.2015) noch nicht vor.)
In concreto ging es um einen Fall, bei dem ein zu einer Verlagsgruppe gehörende Betreiber eines Internetportals zu Gesundheitsthemen in einem redaktionellen Beitrag einen Link gesetzt hatte, der werblichen Inhalts war. Dieser Link wurde daher von dem Betreiber mit dem Hinweis „Sponsored“ gekennzeichnet. Die Wettbewerbszentrale hielt diese Bezeichnung als nicht ausreichend im Sinne einer „ordnungsgemäßen Kennzeichnung werblicher Inhalte“. Die Münchener Richter folgten offensichtlich dieser Auffassung.
Da klingelt doch was…
… mag jetzt vielleicht der aufmerksame Leser dieses Blogs denken. Genau. Es geht um das sogenannte Trennungsgebot, Vereinfacht kann man dies wie folgt erklären: Gleich ob man sich im Fernsehen, dem Radio, Online oder in der guten alten Print-Welt bewegt, überall gilt, dass redaktionelle Inhalte von Werbung eindeutig zu trennen sind.
Mit dem unter dem Schlagwort „Schleichwerbung“ bekannten Thema haben wir uns auf dem Blog unter anderem schon hier, hier und hier beschäftigt. Ein ausführlicher Artikel „Der schmale Grat der Schleichwerbung im Netz“ findet sich im Upload Magazin. Der Artikel erläutert welche „unauffälligen“ Werbeformen (gerade noch) zulässig sind, welche (teuren) Konsequenzen eine unzulässige, bzw. mangelnde Kennzeichnung haben kann und wie denn nun bezahlte Beiträge zu kennzeichnen sind (Artikel vom 03.08.2015) .
Theorie trifft Praxis & BGH Good News II
Damit kommen wir auch so langsam zurück zum eingangs erwähnten Urteil. Denn bei der Frage der „richtigen“ Kennzeichnung von Affiliate-Links, bezahlten Tweets und Blogbeiträgen verhält es sich wahrlich nicht so, dass dies eine rein akademische Frage wäre. In schönster Regelmäßigkeit erreichen uns Anfragen, wie denn ein etwa ein Blog dem Trennungsgebot nachzukommen habe und welche Kennzeichnung „richtig“ sei – schließlich gibt das Gesetz eben darüber keine Auskunft. Und auch auf jeder Konferenz zum Thema werden wir mit den entsprechenden Fragen erschlagen.
Groß war dann auch die Aufregung, als der BGH mit der Entscheidung Good News II auf die Bühne trat, wonach die Bezeichnung „Sponsered by“ als nicht ausreichend anzusehen ist. (Mehr dazu: More Bad News for “Good News”: BGH Zur Kennzeichnung bezahlter Beiträge in der Presse)
Was wir bisher dazu sagten
Die Entscheidung des BGH scheint auf den ersten Blick eine klare Entscheidung zu sein. Sponsered by ist nicht ausreichend. Punkt. Doch halt. Halt! So schnell schießen die Preussen nicht. Bzw. gilt es – wie so oft – die Details zu betrachten.
Die denn die eben genannte Entscheidung Entscheidung bezieht sich ausschließlich auf Printmedien. In diesem Bereich sind die jeweiligen Landespressegesetze maßgeblich und in den meisten Pressegesetzen steht wörtlich, dass das Wörtchen „Anzeige“ genannt werden muss [eine kleine spitzfindige Anmerkung an dieser Stelle: Art. 9 Bayerisches Pressegesetz sieht dies gerade nicht vor, sondern spricht schlicht von einer Kenntlichmachung].
Das für Online-Medien einschlägige TMG macht dazu aber eben gerade gar keine Angaben. In
§ 6 TMG heißt es bloß:
Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein.
Und in § 58 Rundfunkstaatsvertrag, kurz,RStV, (einschlägig bei fernsehähnlichen Telemedien) heißt es ebenfalls schlicht:
Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein. In der Werbung dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden.
Damit konnten wir bisher immer sagen, dass die BGH-Entscheidung „Good News II“ eben gerade keine Vorgaben hinsichtlich der Bezeichnung von Online-Werbung vorhält. Weiter habe ich stets argumentiert, dass die Entscheidung des BGH vor dem Hintergrund, dass der Rundfunkstaatsvertrag in § 58 RStV nicht nur vom „Sponsoring“ spricht, sondern gleich eine Definition mitliefert, merkwürdig anmutet. Sollten Gesetze nicht allgemein verständlich sein? (*hust, ja, ja, ist ja gut.)
Theorie trifft Praxis in München am Landgericht I
Nun haben wir aber mit dem Urteil des Landgerichts Münchens I aber eben eine Entscheidung, die den Web-Bereich betrifft. Und nach dieser ist „sponsored“ nicht ausreichend. Für das Web gilt, wie gesagt, das TMG und bei „fernsehähnlichen Angeboten“ (i.e. Youtube!) der RStV. Schauen wir doch nun noch einmal an, was denn die Legaldefinition in § 2 Nr. 9 RStV für uns bereit hält:
„Im Sinne dieses Staatsvertrags ist Sponsoring jeder Beitrag einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personenvereinigung, die an Rundfunktätigkeiten oder an der Produktion audiovisueller Werke nicht beteiligt ist, zur direkten oder indirekten Finanzierung einer Sendung, um den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild der Person oder Personenvereinigung, ihre Tätigkeit oder ihre Leistungen zu fördern.“
Ziemlich klar oder? Sponsoring ist, wenn ein Dritter zahlt (oder anderen Leistungen erbringt) und dafür seine „Marke“ einen Vorteil hat. Steht so im Gesetz. Und das sogar *ironiefrei* verständlich.
Warum also, wenn dieser Begriff im Gesetz, in den ARD-Richtlinien, den gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten verwendet wird, wird davon ausgegangen, dass dieser Begriff nicht geeignet sei, für eine Kenntlichmachung von Werbung zu sorgen? Das Wort Sponsoring findet sich auch im Duden, im deutschen.
Es fällt schwer zu glauben, dass ein deutscher Begriff, der vom Gesetzgeber selbst verwendet wird, den er darüber hinaus auch selbst definiert, eigentlich unverständlich sein soll. Selbst wenn er in einer (d)englischen Version wie „sponsored“ verwendet wird.
Nun hat das LG München zugegebenermaßen nicht über die Kennzeichnung eines fernsehähnliches Telemediums, sondern über die Kennzeichnung eines Links geurteilt. Und weiter zugegeben, im TMG findet sich der der Begriff des Sponsoring nicht.
Aber dies weitergedacht würde heißen: Die Einblendung „Sponsoring durch Douglas“ bei Beauty V-Blogger auf Youtube wäre (müsste!) – nach allen Regeln des RStV – in Ordnung sein, eine „Sponsored by“ zur Kennzeichnung eines Links oder Blog-Artikels nicht. Verständlich? Nein? Versteh ich. Ist ja auch nicht zu verstehen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das ganze deutschsprachige Social Web, insbesondere Facebook – das Netzwerk aller – , von „sponsored Posts“ durchsetzt ist.
Und jetzt!?
Jetzt haben wir eine Entscheidung des LG München I. Nicht mehr und nicht weniger. Das heißt ein Landgericht von bundesweit 115 ist dieser Auffassung. In Stein gemeißelt ist also nichts. Davon abgesehen, dass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, können andere Landgerichte – so hoffentlich – hier eine andere Auffassung haben und so die Rechtsprechung in eine andere Richtung prägen. Und schließlich kann das OLG München oder können die Oberlandesgerichte eine solche Entscheidung auch zurechtrücken. Zuletzt bliebe der Bundesgerichtshof (BGH), der oft genug wirklich den „durchschnittlich verständigen Internetnutzer“ vor Auge hat. Und der durchschnittlich verständige Nutzer, ich bin mir sicher, weiß, was mit sponsored, sponsored by oder Sponsoring gemeint ist.
Verdammt! Und wie kennzeichne ich jetzt meine Posts!?
Wenn Sie es aushalten können, dass Sie eventuell eine Abmahnung einer Verbraucher- oder Wettbewerbszentrale fangen, die es mit dem Verbraucher-/Wettbewerbsschutz ein wenig – Entschuldigung – übertreibt, dann lassen Sie es beim „sponsored by“. (Und erfreuen nicht nur unser Herz, wenn Sie dies mit dem Anwalt ihrer Wahl auch durchfechten mögen!)
Wenn nicht, dann, schreiben Sie so etwas spannendes wie „Werbeanzeige“. Dabei weiß angeblich auch der Letzte, was gemeint ist. (Wirklich passen tut auch das nicht bei Blogposts, Tweets und sponsored Posts, aber… ach. Wir drehen uns im Kreis.)
Fortsetzung folgt… bestimmt!
Bevor der eine oder andere nun grün vor Ärger wird: Immer daran denken, das Urteil des LG München ist nicht rechtskräftig. Und wie gesagt, das Ende der Fahnenstange – gemeint ist damit in diesem Fall der Rechtsweg – ist noch nicht in Sicht. Eine Korrektur der Entscheidung ist daher nicht nur so wünschenswert wie denkbar, sondern auch möglich.
In diesem Sinne,
ich hoffe, Sie hatten Spaß beim Lesen dieses 100% werbefreien Artikels.
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