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Nachtrag zum Praxisfall Zitatrecht

Wie im letzten Artikel Aus aktuellem Anlass: Der Praxisfall zum Urheberrecht „Das Zitat“ angekündigt, habe ich einen Gastartikel für den HRmarketingblog  der W&V schreiben dürfen. Dieser ist nun veröffentlicht. Während es in meinem letzten Artikel hier auf dem Blog um die Frage ging, warum die konkrete Form des vorgenommenen Zitats nicht ganz richtig war, findet sich auf dem HRmarketingblog mit dem Artikel

Ein Zitat muss her! Oder lieber doch nicht?

nun ein kurzer Wegweiser durch das Zitatrecht zum „richtigen“ Zitat. Einfach die Checkliste zusammen mit dem gesunden Menschenverstand durchgehen und schon sollte nichts schiefgehen … es sei denn, ach, lest selbst am Ende des Gast-Artikels im HRmarketingblog. 😉

In diesem Sinne,

auf viele schöne weitere Texte.

Aus aktuellem Anlass: Der Praxisfall zum Urheberrecht „Das Zitat“

Ich bitte darum, unbedingt auch das Update am Ende des Artikels zur Kenntnis zu nehmen! :-).

Letzte Woche teilte mir mein geschätzter Ehemann mit „Du bist in der W&V, also im HR-Marketing Blog zu Social Media Guidelines“. Wie schön! Aber huch? Warum denn? Ein Interview habe ich nicht geführt?! Also, gesucht und den Artikel „Guidelines lösen nicht alle Probleme“ von Raoul Fischer gefunden. Gleich im ersten Absatz ist mein Name fett gedruckt und ein direkter Link zu meinem Essay „Die Tücken der neuen Medien“ bzw. „Social Media Guidelines – Wie sollten Unternehmensregeln gestaltet sein„, welcher erstmalig im Human Resources Manager, Ausgabe 03/12 erschien, gesetzt. Yeah! Wie schön. Es ist nicht zu verhehlen, dass derartige Erwähnungen das Herz erwärmen. Doch zur Freude gesellte sich beim Lesen  zunehmendes Stirnrunzeln. Denn ein Drittel des Blogbeitrags besteht aus der originären Übernahme meines Textes, zum Großteil als „Zitat“ gekennzeichnet. Ein weiterer nicht unerheblicher Teil besteht letztendlich ebenfalls aus dem Destillat meines Texts, der mehr oder weniger stark abgeändert wurde.

„Ja? Und? Warum erzählt sie uns das jetzt?“ fragt sich nun der eine oder andere. Ich berichte davon, da anscheinend selbst ein Journalist den Umfang des Zitatrechts verkennt. Ein solcher „Irrtum“ kann jedoch sowohl ärgerlich als auch teuer werden. Deswegen einfach für alle hier nochmal ein paar Anmerkungen dazu:

Das Zitatrecht

Im Gesetz heißt es dazu wörtlich in § 51 UrhG:

Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats , sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zulässig ist dies insbesondere, wenn
(…)
2. Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden,
(…).

Bedeutet das also, dass die Übernahme fremder Texte in Ordnung ist, wenn und soweit nur der Autor des ursprünglichen Textes irgendwo genannt und auf die Quelle verwiesen wird? Nun, man kann es sich – spätestens seit dem Guttenberg-Gate – denken, das bedeutet es nicht. Denn „Zum Wesen des Zitats gehört zunächst, dass es nicht ununterscheidbar in das zitierende Werk integriert, sondern als fremde Zutat ersichtlich gemacht wird.“ (Schricker – UrhG, 4. Auflage 2010, Schricker/Spindler, § 51, Rn. 15, mwN). Das mag hier noch – zumindest in Teilen – gelungen sein.

Doch „Zitate dürfen aber nicht ein derartiges Ausmaß erreichen, dass die nicht mehr lediglich eine in dem zitierenden Werk vertretene Ansicht stützen, sondern dieses Werk über weite Strecken selbstständig tragen.“ (BGH, GRUR 1982, 37 [40] – WK-Dokumentation). Bei einer Textübernahme von gut einem  einem Drittel und weiteren Entlehnungen kann kaum noch die Rede davon sein, dass mit dem Zitat bloß eine „Ansicht gestützt“ wird.

Schließlich muss sich das Zitat eben in ein selbstständiges Sprachwerk integrieren. Unzulässig ist das Zitat nämlich dann, wenn das zitierende Werk (hier: der Blogbeitrag im HR Marketing Blog) sich letztlich als eine Bearbeitung oder sonstige Umgestaltung des zitierten Werkes (hier: meines Essays) darstellt. (Schricker – UrhG, 4. Auflage 2010, Schricker/Spindler, § 51, Rn. 21, mwN) Darüber kann man vorliegend vielleicht streiten, fernliegend ist es aber nicht.

Wie der geneigte Leser also an diesen kurzen Ausführungen schon zu erkennen vermag, ist das „Zitat“ oben nicht ohne Grund in Anführungsstriche gesetzt worden:  Vom Zitatrecht nach § 51 UrhG ist die Übernahme meines bzw. die umfangreiche Entlehnung aus meinem Text nicht gedeckt.

Die Folgen

In diesem Fall hat das Abschreiben diesen Blogtext zum Thema Urheberrecht zur Folge. Denn nach wie vor freue ich mich  über die Erwähnung und – auch wenn es rechtlich irrelevant wäre – halte dem Autor vor allem zu Gute, dass er in bester Absicht handelte. Es liegt allerdings eine Verletzung des Urheberrechts vor, so dass ich nach § 97 UrhG auch Unterlassung und Schadensersatz in Form einer kostenpflichtigen Abmahnung hätte verlangen können.

Doch selbst wenn der Autor bewusst angenommen und sich darauf verlassen hätte, ich würde von einer kostenpflichtigen Abmahnung eben aus den vorgenannten Gründen in jedem Fall absehen, so hat er eine weitere mögliche Dimension des Falles wohl nicht beachtet: Schließlich ist der Artikel zunächst in der Printausgabe des Human Resources Manager erschienen. Nun hätte es durchaus sein können, dass die Nutzungsrechte an dem Text exklusiv an den HRM übertragen worden wären, mit der Ausnahme, dass ich den Text als pdf mit zeitlichem Abstand noch einmal auf meinem Blog veröffentlichen dürfte. In diesem Fall hätte der HRM zu Recht äußerst verärgert über das Plagieren „seines“ Essays sein und mit einer kostenpflichtigen Abmahnung reagieren können. Auf mein mögliches und vermutetes Einverständnis wäre es dann gar nicht mehr angekommen. (Das ist nicht ohne Grund im Konjunktiv irrealis geschrieben, es gibt vorliegend keine Exklusiv-Vereinbarung).

Also, lieber Raoul Fischer, vielen Dank noch einmal für die positive Erwähnung! (Und für das „Futter“ für diesen Blog…;-)). Doch aus genannten Gründen das nächste Mal vielleicht besser vorher einmal anrufen und fragen…. Ansonsten sehen wir uns beim CYQUEST Praxisseminar am 19. September 2012 in Hamburg – da gebe ich dann auch gerne ein Interview 😉 .

Mehr zum Thema Texten & Urheberrecht

Im Beitrag „Rechtliche Hinweise zum Bloggen II: #guttenbergen und was sonst beim Texten zu vermeiden ist“ habe ich ein wenig ausführlicher dargelegt, welche rechtlichen Klippen beim Texten zu umschiffen sind.

Ausführlich hatte sich Anfang des Jahres auch das LG München I (Az. 7 O 1533/12) mit § 51 und dem Zitatrecht befasst. Lesenswert.

Und in den Artikeln „Was soll eigentlich dieses Urheberrecht? Teil 1 – Mit dabei SOPA, PIPA, Verhaftungen, Nutzer und Verletzte“ und „Was soll eigentlich dieses Urheberrecht? Teil 2 – Mit dabei: ACTA, Pinterest, Abmahnungen“ erläutere ich einmal grundlegend, was es denn nun mit dem deutschen Urheberrecht so auf sich hat.

In diesem Sinne,

auf den nächsten Text!

Update: Nach dem Erscheinen dieses Blogposts rief mich Raoul Fischer an und wir führten ein tolles Telefonat. Ergebnis: In Kürze wird es im HR-MarketingBlog einen Gastartikel meinerseits zum Zitatrecht geben und des Weiteren wird beim CYQUEST Praxisseminar definitiv noch ein Glas Wein zusammen geleert. Ich freu mich darauf!!

Und weil es im Text vielleicht nicht deutlich genug wurde: Dass Journalisten auf andere Texte und insbesondere Fachartikel angewiesen sind, um neue Texte zu kreiieren ist ebenso klar, wie das Zitieren gängige Praxis ist. Die Grenze des Zitatrechts ist allerdings wahrlich nicht immer leicht zu erkennen. Und so ging es vorliegend nicht darum, einem Journalisten, der auch noch wohlwollend berichtete, aus Prinzip „auf die Finger zu hauen“, sondern vielmehr mit diesem Beispiel für das Zitatrecht und dessen Grenzen zu sensibilisieren. Mehr Wissen für alle also. 🙂

Rechtliche Hinweise zum Bloggen II: #guttenbergen und was sonst beim Texten zu vermeiden ist

Es ist momentan noch recht schwer den Namen „Guttenberg“ zu meiden, wenn es um die Rechtskonformität von Textinhalten geht. Auch wenn andere Nachrichten das Thema langsam verdrängen, mit der ausführlichen Berichterstattung zur „Doktorarbeit“ des Verteidigungsministers a.D. sollte eines klar geworden sein: Schlicht die Copy & Paste Tasten zu nutzen, um sich selbst nicht den Mühen des Verfassens eigener Texte zu unterziehen, hat nicht nur politische Brisanz, sondern auch zivil- und gegebenenfalls strafrechtliche Folgen.

Doch was bedeutet dies konkret? Nun, ein geschriebener Text stellt zunächst einmal ein Sprach-, genauer ein Schriftwerk dar. Damit genießt der Text – vorausgesetzt die notwendige „geistige Schöpfungshöhe“ ist erreicht – den Schutz des Urheberrechtsgesetzes. Wird ein fremder Text kopiert  und auf dem eigenen Blog veröffentlicht, so ist das Werk zum einen vervielfältigt (durch Kopie auf einen Datenträger) und zum anderen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden (durch Bereithalten des Textes auf der Website zum interaktiven Abruf im Web). Beide Handlungen sind sogenannte Verwertungen und das Recht hierzu hat zunächst einzig und allein der Urheber. Natürlich kann der Urheber gefragt werden, ob er das sog. Nutzungsrecht auch Dritten einräumt, also dem Blogger das Recht gibt, den Text auch auf dessen Blog zu nutzen. Hat der Urheber dem Blogger dieses Nutzungsrecht jedoch nicht eingeräumt, werden die Rechte des Urhebers mit der Veröffentlichung verletzt. Demnach kann der Urheber gegenüber dem Blogger im Zivilrechtswege Unterlassung, Erstattung der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz geltend machen. Schadensersatz? War dafür nicht ein Verschulden, also ein „Vorsatz“ notwendig? Ja. Aber wer fremde Texte einfach so übernimmt, der handelt jedenfalls grob fahrlässig und das genügt zur Begründung des Schadensersatzanspruches. Schließlich ist der Schutz von fremden Texten allgemein bekannt oder wird jedenfalls als bekannt vorausgesetzt.

Geltend gemacht werden die vorgenannten Rechte in der Regel mit der Abmahnung. Neben den Nerven kostet eine derartige Abmahnung in jedem Fall Geld – die 1.000,00 EUR sind mit Anwaltsgebühren und Schadensersatz schnell erreicht. Formulierung in den eigenen Haftungsregelungen wie zum Beispiel „Sollten Urheberrechtsverletzungen festgestellt werden, so ist der Betreiber dieser Webseite zunächst zu kontaktieren, bevor eine Abmahnung verfasst wird.“ sind zur Vermeidung derartigen Ärgers wenig hilfreich, auch wenn diese und ähnliche Formulierungen noch so oft zu lesen sind. Schließlich ist die Abmahnung das nach dem Gesetz vorgesehene Instrument, den Verletzer auf die Rechtsverletzung aufmerksam zu machen und eine außergerichtliche Streitbeilegung herbeizuführen.

Von diesen zivilrechtlichen Ansprüchen abgesehen, könnte der Urheber bei der Staatsanwaltschaft Strafantrag stellen. Den Plagiator erwarten bis zu drei Jahre Haft (zugegeben, dafür muss schon mehr passieren als nur die widerrechtliche Kopie eines Textstückes…) oder eine Geldstrafe.

So mancher wendet nun ein „Aber ein Zitat! Ein Zitat ist doch erlaubt!“. Das stimmt. Doch wie uns durch die Arbeit von Herrn Guttenberg in den vergangenen Tagen demonstriert wurde, heißt das weder, dass ein Text wie der, den Sie gerade lesen, etwa komplett übernommen werden, noch dass ein Zitat ohne Nennung des Urhebers, bzw. der Quelle erfolgen dürfte. Wie heißt es so schön im Kommentar: „Zum Wesen des Zitats gehört zunächst, dass es nicht ununterscheidbar in das zitierende Werk integriert, sondern als fremde Zutat ersichtlich gemacht wird.“ (Schricker – UrhG, 4. Auflage 2010, Schricker/Spindler, § 51, Rn. 15, mwN). Demnach darf ein Zitat eben nur mit Nennung des Urhebers, nach außen kenntlich und im Rahmen eines selbstständigen Werkes (eigener Text!), erfolgen. Auch wenn sich der „Autor“ die Mühe macht, den Text ein wenig zu verändern, in dem die Satzstruktur verfremdet und einzelne Wörter ausgetauscht werden, ändert dies noch nichts an einer möglichen Urheberrechtsverletzung (wobei zugegebener Maßen die Grenzen zu einem „neuen“ Werk fließend sind).

Nach der Feststellung, dass Zitate nur innerhalb eigenständiger Werke erscheinen dürfen, kann zu Recht mit Verwunderung auf paper.li und schlicht auf Webseiten eingebundene RSS-Feeds geblickt werden; schließlich werden insbesondere bei paper.li Texte einfach „angeschnitten“ und in ein „neues“ Format übertragen. Möchte allerdings der volle Artikel gelesen werden, so muss sich der User auf die Ursprungsseite begeben. Eine urheberrechtliche Relevanz – wenn auch natürlich einzelfallabhängi – ist bei paper.li dem Grunde nach nicht zu verneinen. Ob die Geltendmachung von Rechten (und wenn ja, gegen wen?) jedoch sinnvoll ist, muss ein jeder Urheber hier schon für sich entscheiden. Schließlich bietet paper.li unter Umständen den gleichen Effekt wie ein „Mega-Tweet“, der ggf. neue geneigte Leser auf den Blog lenkt. Eine interessante Diskussion dazu findet sich in The Time Blawg (auf Englisch).

Last but not least können inhaltliche Äußerungen auch aus wettbewerbsrechtlichen Sicht problematisch sein. So vermeide der Corporate-Blogger Aussagen wie „Am schnellsten wachsendes Start-Up im Bereich von…“, wenn diese Behauptung nicht nachweislich wahr ist. Ansonsten könnte von der Konkurrenz schnell eine Abmahnung wegen wettbewerbswidrigem Verhalten im Briefkasten liegen. Die Folgen sind dem Grunde nach nicht anders als bei einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen und damit auch nicht die angenehmsten.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass natürlich Beleidigungen, Verleumdungen und sonst herabwürdigende und strafrechtlich relevante Äußerungen ebenso verboten, wie falsche Tatsachenbehauptungen rechtswidrig sind. Meinen kann man hingegen viel. Der Unterschied zwischen Tatsachenbehauptung und Meinung? Tatsachenbehauptung: Es sind 18 Grad Celsius draußen. Meinung: Ich finde, es ist warm draußen. Eine Tatsachenbehauptung ist im Gegensatz zur Meinung nämlich dem Beweis zugänglich.  Allerdings hat die Meinungsäußerungsfreiheit eben an den Rechten Dritter ihre Grenze. Demnach ist die Äußerung „Ich finde Ihren Beitrag so sinnig wie einen strunzdummen Blumenkohl“ auch in einem Blog unter Verweis auf die Meinungsfreiheit mehr als nur fragwürdig.

In diesem Sinne. Viel Vergnügen beim Bloggen!

PS: Wem der Text nun reichlich bekannt vorkam, dem sei gesagt: Er hat recht! Denn auf HRInside erschien von mir bislang eine dreiteilige Serie mit Tipps zum rechtssicheren Bloggen. Diese wollte ich meinen Lesern allerdings nicht vorenthalten und führe deswegen die Artikel hier mit einigem zeitlichen Abstand der Zweitverwertung zu. Da Google jedoch nicht weiß, dass ich die Urheberin der Texte bin und somit mit meinen Verwertungsrechten schalten und walten kann wie ich möchte, sind die Texte ein wenig umgewandelt – sonst hält mich schließlich Google für den ständigen Plagiator und senkt meinen Page-Rank. Ich finde immer noch, da sollten die sich mal was einfallen lassen…