Aus aktuellem Anlass – jedenfalls bei mir persönlich, dazu sogleich mehr – kommt das Thema heute endlich hier im Blog auf’s Tableau. Eins vorweg, es geht nicht um Werbung auf Werbeschaltflächen der Unternehmen oder um sonstige Werbeformen wie bspw. die Sponsered Stories bei Facebook und auch nicht um Werbung per Direct-Message. Vielmehr geht es um Werbung wie diese, die einfach im Stream auftaucht:
(Ja, ja, lacht nur über die Abbildungen, ich weiß, ich habe derzeit kein vernünftiges Bildbearbeitungsprogramm…).
Diese zwei ganz „normale“ Tweets zierten in der letzten (oder vorletzten) Woche an einem Tag meine Timeline. Von den übrigen und üblichen Tweets unterscheiden sie sich insoweit als es sich ganz offensichtlich um reine Werbung handelt. Oder wer wollte sagen, diese seien keine „ Äußerung (…) mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, (…), zu fördern“ (vgl. Art. Richtlinie zu irreführender und vergleichender Werbung (2006/114/EG)?
Werbung an sich ist natürlich nicht verboten. Doch da Werbung mit elektronischen Mitteln oftmals zum Ärger der Empfänger (sic!) nur all zu leicht verbreitetet werden kann, hat der Gesetzgeber eben solcher Werbung erhebliche Restriktionen auferlegt. Darüber hinaus verbieten so manche Nutzungsbedingungen von sozialen Netzwerken derartigen „SPAM“.
Aber der Reihe nach.
Gesetzliche Grundlagen für Werbung auf Twitter & Co
Wie gesagt, Werbung ist nicht grundsätzlich verboten. Einschränkungen bestehen jedoch nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG hinsichtlich Werbung, die mittels „elektronischer Post“ erfolgt – solche darf nur bei ausdrücklicher Einwilligung des Empfängers erfolgen. Tja, damit stellt sich zunächst einmal die Frage, ob ein Tweet (ein Facebook- oder GooglePlus-Post) überhaupt unter den Begriff „elektronische Post“ fällt. Nach der Richtlinie 2002/58/EG über elektronische Kommunikation ist „elektronische Post jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird.“. Von dieser Definition sind also klar Direct-Messages innerhalb von sozialen Netzwerken erfasst. Aber sind die oben beispielhaft aufgeführten Tweets Textnachrichten, die im Netz gespeichert werden, bis sie vom Empfänger abgerufen werden? Theoretisch ist das wohl so. Denn meinen Stream auf Twitter, Facebook oder GooglePlus kann ich theoretisch bis in alle Ewigkeit zurückverfolgen. Praktisch macht das aber kein Mensch. Darüber hinaus teilen die sozialen Netzwerke früher oder später gerne mit „Ältere Beiträge können derzeit nicht abgerufen werden“. Faktisch stehen die Textnachrichten also nicht im Netz bis zum Abruf durch den Empfänger bereit, sondern verschwinden vielmehr in den Tiefen des Streams. Soweit ich das überblicken kann, problematisieren die Kollegen eben aus diesem Grunde die Werbung über öffentlichen Streams unter dem Gesichtspunkt des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (also der Notwendigkeit zur Einwilligung zur Werbung durch den Empfänger) nicht. Nach der Wortlaut-Interpretation der oben genannten Richtlinie kann sich dieser Auffassung angeschlossen werden. Allerdings könnte man dann zu einer anderen Auffassung gelangen, wenn man berücksichtigt, dass bspw. Tweets „favorisiert“ werden können – denn in diesem Fall bleiben sie gut sichtbar in meinem Account abrufbar. Andererseits kann das „Favorisieren“ schon wieder als Abruf-Handlung gewertet werden und dies ist mit lange im Stream versunkenen Meldungen nicht mehr möglich. Folglich sind Nachrichten im Stream nicht als „elektronische Post“ zu bewerten. Und insoweit halten wir fest, dass Werbung per Tweet oder Post in sozialen Netzwerken grundsätzlich gesetzlich nicht verboten ist (nochmal: Anders bei Werbung per Direct-Message. Hier bedarf es der ausdrücklichen Einwilligung durch den Empfänger! Siehe auch hier die Meinung des Kollegen Dramburg mit schönen Fallbeispielen.)
Das Telemediengesetz (TMG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) halten jedoch noch weitere Regelungen bereit. So muss kommerzielle Kommunikation für den Verbraucher klar als solche zu erkennen und der Absender zu identifizieren sein (§ 6 TMG). Dies ist in den obigen Beispielen der Fall. Weiter darf der werbliche Charakter einer Kommunikation nach § 4 Nr. 3 UWG nicht verschleiert werden und kommerzielle Kommunikation nicht irreführend im Sinne von § 5 UWG sein. Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Regelungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, die es zu beachten gilt. (Ein „schönes“ Beispiel für eine rechtswidrige Social Media Werbeform ist übrigens die „Tramp-A Benz“-Kampagne).
Da die oben aufgeführten Beispiele weder den Werbecharakter verschleiern noch den Absender nicht erkennen lassen, verstoßen sie insoweit nach dem bisher Gesagten nicht gegen gesetzliche Regelungen.
Die Nutzungsbedingungen der Social Media Plattformen
Neben den gesetzlichen Regelungen gilt es jedoch auch die Nutzungsbedingungen der jeweiligen sozialen Netzwerke zu beachten. Bei Facebook gibt es hierzu eine sehr klare Regelungen: Du wirst dein persönliches Profil nicht für kommerzielle Zwecke verwenden (wie beispielsweise durch den Verkauf deiner Statusmeldung an Werbetreibende). (4.4 der Nutzungsbedingungen). Dies bedeutet, dass eben keine Werbung über die persönlichen Profile eingestellt werden darf.
Auch GooglePlus ist mit Nr. 7 seiner Inhalts- und Verhaltensrichtlinien für Nutzer eindeutig: „Verbreiten Sie keinen Spam, einschließlich des Sendens von unerwünschten Werbeinhalten, oder unerwünschte oder Massenwerbemails.“ Werbung über die GooglePlus Profile (derzeit ohnehin nur persönliche) ist also ein No-Go.
Twitter hält sich hier hingegen wesentlich bedeckter. In den Twitter-Regeln, die Teil der Nutzungsbedingungen sind, heißt es „Die Nutzung der Twitter-Services, um anderen Benutzer Spam zu senden, ist ausdrücklich verboten. Die Definition von „Spamming“ ist in der Entwicklung und wird sich in dem Mass ändern, wie wir auf neue Taktiken von Spammern reagieren.“ Im Folgenden werden dann einige Faktoren aufgeführt, die „bei der Festlegung, welches Verhalten als Spamming gilt“ berücksichtigt werden. Darunter finden sich „Wenn die Tweets eines Benutzers hauptsächlich aus Links bestehen, anstatt persönlichen Updates„, „Wenn ein Benutzer irreführende Links einträgt.“ – Kommerzielle Kommunikation via Tweets ist bei Twitter also bislang nicht ausdrücklich verboten. (Das wird sich vermutlich ändern, sobald bei Twitter von Twitter tatsächlich Werbung eingeblendet wird…).
Im Ergebnis sind die oben beispielhaft aufgeführten Tweets bei Twitter also rechtlich zulässig, bei Facebook und GooglePlus würden solche gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen.
Von der rechtlichen Zulässigkeit dieser Art der Werbung aber einmal abgesehen, hier
Die besten Gründe, derartige Werbung über (persönliche) Social Media Profile zu unterlassen
An dieser Stelle erlaube ich mir schlicht aus dem Blog-Artikel „5 Gründe, warum Turis Twitter-Werbung ein Irrweg ist“ von Medial & Digital aus aus dem Jahre 2009 zu zitieren:
„Wofür bezahlen Unternehmen eigentlich ihren Social-Media-Beratern viel Geld für ausgefeilte Kommunikationskonzepte im Social Web (”Wir müssen die Nutzer engagieren“, ”Dialog auf Augenhöhe“, ”authentisch sein“, “bloß kein old-school Push-Marketing“), wenn ihnen dann doch nichts Besseres einfällt, als genau wie vor zehn Jahren langweilige und nichtssagende Werbebotschaften herauszublasen.“
Sic! Dem ist nichts hinzuzufügen. Aber ganz offensichtlich ist auch im Jahr 2011 noch nicht bei allen angekommen, dass mit dieser Form der „Social Media“ Werbung kein Blumentopf zu gewinnen ist. #defollow.
In diesem Sinne,
einen schönen und werbefreien Mittwoch.