Testimonial für die Ewigkeit – Was ist bei der Werbung mit den eigenen Mitarbeitern zu beachten? (BAG, Az. 8 AZR 1011/13)

Mitarbeiter sind in Zeiten des Personalmangels bekanntlich schwer zu finden, gute und „passende“ erst recht. Da muss sich der Arbeitgeber schon einiges einfallen lassen, um auf sich aufmerksam zu machen. Die Veröffentlichung der guten alten Stellenanzeige, sei es in der entsprechenden Branchenzeitschrift oder auf Online-Jobbörsen wie Stepstone oder Monster reicht allein schon lange nicht mehr aus, um viele potentielle Bewerber zu erreichen.

In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, dass die Kandidaten, vor allem die der Generation Y, nicht mehr irgendwelche polierten Imagefilmchen über ein Unternehmen sehen, sondern die Wahrheit über den Arbeitsalltag im Unternehmen erfahren wollen (Stichwort: „Realistic Job Preview“). Nur mit Authentizität wird Glaubwürdigkeit geschaffen und Vertrauen hergestellt. Dass darauf heutzutage großen Wert gelegt wird, erklärt beispielsweise auch den Erfolg von Plattformen wie whatchado, auf denen Arbeitnehmer verschiedenster Unternehmen über ihren Karriereweg und ihren Berufsalltag in einem Video berichten können.

Wer könnte also glaubwürdig ein Unternehmen präsentieren? Natürlich am besten die eigenen Mitarbeiter. Diese zeigen dadurch, dass sie sich für Werbezwecke zur Verfügung stellen, dass sie hinter dem Unternehmen stehen, gerne für das Unternehmen arbeiten und sich mit diesem identifizieren.

Wenn nun aber ein Werbefilm des Unternehmens mit Mitarbeitern, ein Gruppenfoto des Vertriebs-Teams oder Fotos mit Mitarbeitern zu Illustrationszwecken erstellt und beispielsweise auf der Webseite des Unternehmens eingestellt werden, sollte sich der Arbeitgeber nicht erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnissen mit einem Arbeitnehmer die Frage stellen, ob ein Foto/Film mit Abbildung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers (weiter) verwendet werden darf oder etwa von der Unternehmens-Homepage entfernt werden muss.

Da zu diesen Fragestellungen erst kürzlich eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Az. 8 AZR 1011/13) ergangen ist, erörtere ich (ich mach schließlich alles, was mein Mann sagt ;-] ) vor diesem Hintergrund einmal die erforderliche Einwilligung des abgebildeten Mitarbeiters, der evtl. Fortbestand der Einwilligung auch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses und eine bestehenden Widerrufsmöglichkeit der Einwilligung.

Liegt eine Einwilligung i.S.d. § 22 KUG vor?

Wenn der Arbeitgeber etwa Fotos von Mitarbeitern auf dem firmeneigenen Facebook-Profil oder auf der eigenen Homepage veröffentlichen möchte, muss eine wirksame Einwilligung der betreffenden Arbeitnehmer vorliegen,  denn nach § 22 KUG als Ausdruck des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Eine Einwilligung in die Erstellung der Fotos selbst dürfte i.d.R. unproblematisch sein.

Um hier auf der sicheren Seite zu sein, sollte sich der Arbeitgeber eine schriftliche Einwilligung von dem jeweiligen Mitarbeiter einholen. Nach der Pressemiteilung Nr. 8/15 zu einer noch nicht veröffentlichten Entscheidung des BAG, Urteil vom 19. Februar 2015 – 8 AZR 1011/13 muss diese sogar schriftlich erfolgen, was sich aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ergibt. Ob diese Aussage ohne Einschränkung gilt, wird sich nach Veröffentlichung der Entscheidungsgründe  aber noch zeigen müssen.

Bisher war auch eine konkludente bzw. stillschweigende Einwilligung möglich (vgl. etwa LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.06.2010, Az.: 3 Sa 72/19, dort hatte der Kläger nach Zeugenaussage die Fotos für den Internetauftritt mit ausgesucht; ferner etwa das LAG Köln, Beschluss vom 20.07.2009, Az.: 7 Ta 126/09, das die Kenntnis der Klägerin über die Verwendung eines sie abbildenden Fotos auf der Homepage des Unternehmens als Einwilligung wertete).

Jedenfalls empfiehlt sich schon aus Gründen der Beweisbarkeit, eine schriftliche Einwilligung einzuholen, denn im Falle eines gerichtlichen Verfahrens ist die Einwilligung vom Arbeitgeber zu beweisen. Gibt es keine schriftliche Einwilligung, und sind beispielsweise hierfür auch keine Zeugen zur Hand, wird die Angelegenheit für den Arbeitgeber wenig Aussicht auf Erfolg haben.

Ist die Einwilligung durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses weggefallen?

Bei der Frage, ob die Einwilligung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter fortbesteht, wird wohl nach der Art des Fotos zu entscheiden sein.

Handelt es sich um eine reine Illustration, etwa um die eigene Homepage „aufzuhübschen“ (z.B. durch eine Foto „telefonierende Frau“ oder „Mitarbeiter in der neuen Kantine“) wird der Arbeitgeber davon ausgehen dürfen, dass die Einwilligung auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbesteht (so auch das LAG Köln oder das LAG Schleswig-Holstein).

Anders dürfte zu entscheiden sein, wenn ein Arbeitgeber konkret mit einem bestimmten Mitarbeiter wirbt und auch dessen Kontaktdaten mit Lebenslauf neben dem Foto online präsentiert, was z.B. in unserem Métier häufig vorkommt. Denn ein Dr. mit Adelstitel und LL.M (Master of Laws) macht sich als (wahrscheinlich) schlauer Kopf mit guten Umgangsformen einfach gut auf der Homepage. Hier kann der Arbeitgeber jedoch nicht darauf vertrauen, dass die Einwilligung fortbesteht, wenn der Arbeitnehmer bereits für einen anderen Arbeitgeber tätig wird und evtl. auch schon auf dessen Homepage mit Foto zu finden ist. Dies dürfte im Übrigen auch der neue Arbeitgeber wenig charmant finden und könnte demensprechend auf die Idee kommen, zu überprüfen, ob man da rechtlich was machen kann.

In dem Urteil des BAG, das ein Werbevideo eines Unternehmens zum Gegenstand hat, in welchem der Kläger zwei Mal erkennbar zu sehen ist, wurde gemäß des Wortlauts der Pressemitteilung entschieden, dass eine ohne Einschränkung erteilte Einwilligung nicht automatisch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt. (Man beachte die Unterstreichungen: Es hat hier eine ausdrückliche und offensichtlich nachweisbare Einwilligung gegeben!) Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich diese pauschale Aussage, die nicht zwischen Fotos, die der Illustration dienen, und Fotos, die konkret einen Mitarbeiter „bewerben“, differenziert, auch in den noch zu veröffentlichenden Entscheidungsgründen so wiederfinden lässt.

Bis dato sollte ein Arbeitgeber ein Foto oder Video, das mit einem bestimmten ehemaligen Mitarbeiter wirbt, daher in dem Fall, in dem

  1. keine ausdrückliche, schriftliche Einwilligung vorliegt und/oder
  2. explizit mit diesem Mitarbeiter und seinen Fähigkeiten wirbt und der Mitarbeiter das Unternehmen verlässt,

dieses besser entfernen.

(Eine andere Frage ist natürlich auch, ob man als Arbeitgeber nicht ohnehin nicht mehr mit der Führungskraft, die nun zur Konkurrenz gewechselt ist, Werbung machen möchten…).

Wurde die Einwilligung wirksam widerrufen?

Ist eine Einwilligung einmal erteilt, besteht nach wohl einhelliger Ansicht grundsätzlich die Möglichkeit, diese zu einem späteren Zeitpunkt zu widerrufen.  Streitig ist insoweit jedoch, unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung widerrufen werden kann. Teilweise wird hierfür ein wichtiger Grund verlangt (so etwa das OLG München, Urteil vom 17.03.1991, Az.: 21 U 4729/88, ähnlich auch das LG Köln, Urteil vom 20.12.1995, Az.: 28 O 406/95), teilweise wird die Ansicht vertreten, dass sich die innere Einstellung des Betroffenen geändert haben muss (vgl. dazu OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 24.02.2011, Az.: 16 U 172/10). Als Beispiel für beide Varianten könnte etwa der Fall dienen, in welchem der Arbeitgeber freizügige Fotos mit Mitarbeitern für einen Firmenkalender erstellt und diesen veröffentlicht, und einer dieser Mitarbeiter nach Beginn einer neuen Tätigkeit bei einem kirchlichen Arbeitgeber nicht mehr möchte, dass dieser Kalender weiterhin veröffentlicht bleibt bzw. in Umlauf gebracht wird, um das Ansehen der Kirche nicht in Verruf zu bringen, als auch aufgrund seiner geänderten religiösen Einstellung nicht mehr zu diesen Fotos steht.

Auch das BAG fordert nach dem Wortlaut seiner Pressemitteilung jedenfalls einen „plausiblen Grund“. Demnach darf der Widerruf jedenfalls nicht grundlos/willkürlich erfolgen.  Da der Kläger in dem vom BAG zu entscheidenden Fall scheinbar keinen plausiblen Grund angegeben hatte, musste der Arbeitgeber das Werbevideo letztlich nicht entfernen.

Muss das Foto bei wirksamem Widerruf immer von der Seite genommen werden?

Aber selbst wenn die Einwilligung wirksam widerrufen wurde, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber dann verpflichtet ist, das Foto/Video zu entfernen.

Auch insoweit müssen wieder die Gesamtumstände Berücksichtigung finden. Handelt es sich um ein Foto, das mit einem bestimmten Mitarbeiter wirbt, wird der Arbeitgeber das Foto nach erfolgtem Widerruf zu entfernen haben. Handelt es sich jedoch etwa um ein Gruppenfoto, kann die vollständige Entfernung aus der Internetpräsenz unverhältnismäßig sein. Entsprechend hat beispielsweise das  Arbeitsgericht Frankfurt in einem Urteil vom 20.06.2012, Az.: 7 Ca 1649/12 (genannt im Urteil des LAG Mainz vom 30.11.2012, Az.: 6 Sa 271/12) entschieden, dass eine Verpixelung der Klägerin auf einem Foto mit den Azubis ihres Ausbildungsjahrgangs als milderes Mittel ausreichend ist und dementsprechend eine Entfernung des Fotos nicht verlangt werden kann.

Fazit

Die Werbung mit eigenen Mitarbeitern kann ein erfolgreiches Mittel des Employer Brandings und Personalmarketings sein. Jedoch sollte der Arbeitgeber sich vor der Veröffentlichung von Mitarbeiterfotos oder Videos vertraglich absichern, indem er sich von dem jeweiligen Arbeitnehmer eine entsprechende schriftliche Einwilligung einholt und eine Widerrufsmöglichkeit nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässt. Darüber hinaus sollte ein ggf. getätigter Widerruf durch den Arbeitgeber geprüft werden. Verwendet der Arbeitgeber Bildnisse des Mitarbeiters ohne die erforderliche, wirksame Einwilligung besteht jedenfalls die Gefahr einer Abmahnung und somit auf Unterlassung-, Kosten- und Schadensersatz wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Mitarbeiters in Anspruch genommen zu werden. Und den Ärger möchte man nun nicht im Haus haben.

In diesem Sinne,

immer schön an die Einwilligung der Mitarbeiter beim Employer Branding denken.