Buchstaben so weit das Auge blickt. Wer mag da nicht die monotone Blog-Oberfläche durch eine Fotografie oder einen anderen Aufmacher wie Grafiken oder auch Videos ein wenig aufheitern? Schließlich gibt es die praktische Bildersuche von Google: Passendes Stichwort eingetippt, entsprechendes Bild gefunden, c+p betätigt und schon ist der Blog ein bisschen bunter. Gut!
Gut? Im Zweifel ist gar nichts gut. Der letzte Artikel der Reihe „Rechtliche Hinweise zum Bloggen II“ drehte sich um das Thema #guttenbergen und was sonst beim Texten zu vermeiden ist“. Doch nicht nur Texte genießen urheberrechtlichen Schutz, sondern auch Fotografien, Grafiken oder Videos. Folglich können den Blogger, der geschützte Bilder rechtswidrig verwendet, die gleichen Konsequenzen treffen, wie denjenigen, der es mit der Übertragung von Texten auf seinen eigenen Blog nicht ganz so genau nimmt.
Aber von vorn: In der Terminologie des Urheberrechtsgesetzes sind Fotografien „Lichtbildwerke“ (man erinnere sich, in der analogen Welt bedurfte es anno dunnemals noch belichteter Fotoplatten…). Ebenso wie ein Text muss ein „Lichtbildwerk“ eine gewisse „geistige Schöpfungshöhe“ (welche nicht all zu hoch angesetzt wird) erreichen, um in den Genuss des Schutzes nach dem Urheberrechtsgesetz zu gelangen.
Doch Obacht! Es sollte selbst keine verschwommene Aufnahme, die offensichtlich einen Schnappschuss darstellt, einfach auf den eigenen Blog kopiert werden. Denn ebenso wie Lichtbildwerke genießen die sogenannten Lichtbilder, sprich gar „bedeutungslose Knipsbilder“ (Schricker – UrhG, 4. Auflage 2010, Vogel, § 72, Rn. 13), den Urheberrechtsschutz. Zwar variiert hier der Ausmaß des Schutzes nach dem UrhG, doch im Ergebnis hat sich der Laie nur zu merken, dass alle „Fotos“ letztlich Schutz durch das Urheberrecht erfahren und dass damit die (rechtswidrige!) Veröffentlichung von fremden Bildern auf dem eigenen Blog tunlichst unterlassen werden sollte.
Schließlich zieht eine solche unzulässige Veröffentlichung von Fotos, Grafiken oder Videos die gleichen Rechtsfolgen nach sich wie die unzulässigen öffentliche Zugänglichmachung von Texten auf einem Blog: Ein mehr oder minder freundliches Schreiben des Rechteinhabers mit der Aufforderung, die weitere Veröffentlichung zu unterlassen, die Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten und doch auch gleich noch einen Schadensersatz zu begleichen (sog. „Abmahnung“) liegt im Zweifel alsbald im Briefkasten. Und wenn sich der Rechteinhaber arg ärgert, kommt vielleicht auch gleich noch Post von der Staatsanwaltschaft. Schließlich ist diese Form der Urheberrechtsverletzung ein Strafdelikt, dass auf Antrag des Rechteinhabers auch strafrechtlich verfolgt wird.
Nerven- und Geldbeutel schonender ist es dann doch, sich zuvor die Nutzungrechte vom Urheber oder sonstigem Rechteinhaber – ggf. gegen eine Lizenzgebühr – einräumen zu lassen.
Eine weitere Möglichkeit, die die einschlägigen Fotoportale anbieten, ist, auf eben diesen nach „freien“ Bildern zu suchen. Eine Lizenzgebühr wird dann nicht verlangt. Jedoch ist der Verwender dieser „freien“ Bilder nach dem UrhG gehalten, den Urheber zu benennen. Hier auf wird der Verwender gemeinhin auch per AGB des Fotoportals bzw. direkt vor und bei dem Download-Prozess hingewiesen. Verzichtet der Verwender auf die Nennung des Urhebers, so ist das kein „unbeachtliches Versehen“ aka „Kavaliersdelikt“. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts. Die Rechtsfolge lautet (Überraschung!): Der Urheber kann auf Unterlassung, Erstattung der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz dringen. Der eine oder andere mag sich nun fragen, warum der Urheber hierfür Schadensersatz verlangen kann. Schließlich hat der Urheber das Bild doch gerade kostenfrei zur Verfügung gestellt, worin soll also ein möglicher Schaden bestehen?
Zunächst einmal ist fehlende Nennung des Urhebers ein Verstoß gegen eine sog. „wesentliche urheberpersönlichkeitsrechtliche Berechtigung“. Und wird weiter bedacht, dass etliche Urheber einige Ihrer Werke nur deshalb lizenzfrei zur Verfügung stellen, um die Bekanntheit des eigenen Namens (und damit der eigenen Arbeit) zu steigern, so liegt der Grund für einen Schadensersatz doch recht schnell auf der Hand.
Der Rechteinhaber hat einen konkreten Schaden im Übrigen nicht nachzuweisen. Vielmehr wird dieser regelmäßig im Rahmen der sog. Lizenzanalogie von den Gerichten nach § 287 ZPO geschätzt. Das heißt, das Gericht überlegt sich, was die Parteien wohl als Lizenzgebühr angedacht hätten, wenn sie sich vorher mal zusammengesetzt und über den Preis gesprochen hätten. Handelt es sich um die gerade erläuterte mangelnde Nennung des Urhebers, schlagen die Gerichte allerdings noch einen Zuschlag von 100% auf die so ermittelte Lizenzgebühr drauf. Das OLG Düsseldorf (I 20 U 138/05) begründet dies wie folgt (sinngemäß): Ein solcher Zuschlag ist rechtlich als eine Vertragsstrafe zu bewerten, weil er nicht in erster Linie der vereinfachten Durchsetzung eines als bestehend vorausgesetzten Schadensersatzanspruches dient, sondern die Erfüllung eines Hauptanspruches sichern und auf den anderen Teil Druck ausüben soll, sich vertragsgerecht zu verhalten, nämlich bei der Verwertung von Fotografien die Bildquelle anzugeben.
Wir halten fest: Selbst lizenzfreie Bilder sind nicht „frei“ und ohne jeden Gedanken in den Blog zu übernehmen!
Aber nun zu einem anderen Problemkreis: Wir befinden uns auf einer Social Media Konferenz und twittern dazu, was die Leitung her gibt. Schnell auch noch den Vortragenden abgelichtet und via twitpic mit kurzem Kommentar der Öffentlichkeit vorgestellt und das Foto später in die Nachberichterstattung zur Konferenz in den Blog eingefügt – das passiert tagtäglich. Urheber des Bildes sind wir. Dennoch ist auch dieser Vorgang grundsätzlich unzulässig. Denn ohne Einwilligung des Abgebildeten ist eine Veröffentlichung rechtswidrig. Schließlich hat der Vortragende das Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG), das Ausdruck des grundrechtlich garantierten allgemeinen Persönlichkeitsrechts (APR) ist. Auch der Abgebildete könnte Unterlassung, Erstattung der Rechtsverfolgungskosten und (ggf. immateriellen) Schadensersatz geltend machen. (Ob im genannten Beispiel der Vortragenden irgendwelche rechtlichen Schritte tatsächlich einleitet oder ob ihm diese Form der Verbreitung – Stichwort Reputatuionsmanagement – nicht ganz recht ist, steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt).
Das Recht am eigenen Bild, bzw. das APR und das Urheberrecht sind streng voneinander zu unterscheiden. Der Urheber eines Bildes kann Dritten keine Einwilligung für eine abgebildete Person im Sinne des KUG erteilen! (Einzige Ausnahme: Er hat die Einwilligung von der abgebildeten Person und das Recht zur Einräumung dieser Einwilligung ggü. Dritten erhalten).
Bei Vorträgen wird mir an dieser Stelle gerne die Frage gestellt „Aber wenn mehrerer Personen auf dem Bild sind, dann ist es doch erlaubt?“ Ich muss darauf immer mit dem Klassiker der Juristen-Anworten begegnen: „Es kommt darauf an.“ Dazu ein Beispiel: Unternehmen U veranstaltet eine Firmenfeier. Hierzu werden die Mitarbeiter samt Familien geladen. Für eine spätere Firmen-Kampagne werden Fotos und Videos von dem Fest erstellt. In der darauf folgenden Kampagne, bei der die Familienfreundlichkeit des Unternehmens herausgestellt werden soll, ist eine süße Dreijährige beim großen Trampolinspringen prominent zu sehen. Gut für die Kampagne und das Unternehmen. Sind die Eltern mit der Verwendung des Bildes ihrer Tochter allerdings überhaupt nicht einverstanden, ist der Verweis auf die fünf anderen Kinder, die im Hintergrund ebenfalls auf dem Trampolin zu erkennen sind, wenig hilfreich. Denn in dem aufgeworfenen Beispiel wird in erster Linie das Mädchen und weniger das Familien-Betriebsfest mit vielen Kindern dargestellt. Die Kampagne mit der Dreijährigen wird im Zweifel auf Wunsch der Eltern eingestampft werden müssen. Also auch wenn mehrere Personen auf einem Bild zu erkennen sind, muss immer die Frage gestellt werden, ob damit denn in erster Linie das Geschehen (Konferenz, Betriebsfest etc.) dargestellt wird oder aber die kenntlichen Personen.
Des Weiteren ist zu beachten, dass selbst wenn eine Ausnahme – „Darstellung des Geschehens“ – vorliegt, dennoch die berechtigten Interessen des Abgebildeten überwiegen können, so dass die Fotografie nicht veröffentlicht werden darf, bzw. Unterlassung verlangt werden kann (sog. Interessensabwägung).
Eine weitere of gestellte Frage lautet „Aber wenn die Person in die Kamera lächelt, dann stimmt er doch zu?“ Jein. Zwar existiert die sogenannte konkludente Einwilligung. Doch der Verwender des Bildes ist dafür in der Beweispflicht, dass das Bild zu diesem Zweck (bspw. Werbekampagnen f. Unternehmen) verwendet werden darf – und diesbezüglich ist ein Lächeln in die Kamera doch wenig aussagekräftig.
In diesem Sinne,
weiter viel Vergnügen beim Bloggen!
PS: Wer diese ganzen Rechte der Urheber für vollkommen überbewertet hält, der kann auf meinem Blog gerne etwas zu einer „Nutzerorientierten Ausrichtung des Urheberrechts“ lesen, wie Sie vom ehemaligen Hamburger Justizsenator Dr. Till Steffen gefordert wird – ich persönliche stehe dem allerdings kritisch gegenüber.
PPS: Wem der Text nun reichlich bekannt vorkam, dem sei gesagt: Er hat recht! Denn auf HRInside erschien von mir bislang eine dreiteilige Serie mit Tipps zum rechtssicheren Bloggen. Diese wollte ich meinen Lesern allerdings nicht vorenthalten und führe deswegen die Artikel hier mit einigem zeitlichen Abstand der Zweitverwertung zu. Da Google jedoch nicht weiß, dass ich die Urheberin der Texte bin und somit mit meinen Verwertungsrechten schalten und walten kann wie ich möchte, sind die Texte ein wenig umgewandelt – sonst hält mich schließlich Google für den ständigen Plagiator und senkt meinen Page-Rank. Ich finde immer noch, da sollten die sich mal was einfallen lassen…