Ich gestehe. Auf das Urteil vom OLG Frankfurt vom 17. Juni 2010 (Az. 16 U 239/09) bin ich über einen Heise-Tweet mit dem entsprechenden Artikel bei Heise „OLG Frankfurt bestätigt Haftung der DeNIC für rechtswidrige Domains“ gestoßen. Darauf hin habe ich mir direkt das Berufungsurteil des OLG und das Ausgangsurteil des LG Frankfurt (Urteil vom 16. November 2009, Az.: 2-21 O 139/09) angesehen und gleich hier den Artikel dazu verfasst.
Mit Schrecken habe ich dann bei nochmaligem Lesen des Heise-Artikels festgestellt, dass dieser das Urteils leider nicht ganz richtig, wenn nicht verwirrend, wiedergibt. Im ersten Absatz heißt es zu recht, die DeNIC sei nach den Grundsätzen der Störerhaftung zur Löschung der Domain verpflichtet gewesen. Im Anschluss heißt es jedoch, die Voraussetzung hierfür sei die Vorlage eines rechtskräftigem Titel gegenüber dem Domain-Inhaber gewesen. Nach Heise ging es in dem Urteil darum, ob ein Titel gegenüber einem Admin-C ausreichend sei, denn einen solchen hatte der Kläger im vorliegenden Fall. Dies habe das OLG Frankfurt aber als nicht ausreichend betrachtet, so Heise weiter.
Dann endet der Artikel mit dem Hinweis, dass die DeNIC formal zwar verloren habe, aber sie schon im Vorwege darauf hingewiesen habe, dass sie zur Löschung nur bei Vorliegen eines Titels gegenüber dem Domain-Inhaber bereit sei.
Der geneigte Leser wird sich nun zum einen fragen, wie die DeNIC verloren haben kann, wenn der Kläger doch die Voraussetzung zur Löschungs-Verpflichtung, also den Titel gegen den Domain-Inhaber, nicht hat beibringen können. Und zum anderen, ob die DeNIC denn nun doch gar nicht löschen musste, wenn kein Titel gegenüber dem Domain-Inhaber vorlag.
Die Lösung:
Das OLG hat den Grundsatz der Störerhaftung in Bezug auf zwei unabhängige, nebeneinanderstehende Voraussetzungen geprüft.
Zum einen, ob die DeNIC als Störer wegen Vorlage eines rechtskräftigen Titels zur Verantwortung gezogen werden kann. Hier lag ein rechtskräftiger Titel gegenüber einem Admin-C der streitgegenständlichen Domain vor. Dies wurde, wie dargestellt, als nicht ausreichend betrachtet. Hier hätte ein Titel gegenüber dem Domain-Inhaber vorliegen müssen.
Zum anderen, ob die DeNIC als Störer wegen der Offenkundigkeit einer Rechtsverletzung zur Verantwortung gezogen werden kann. Hierzu hätte sich der Rechtsverstoß des Domaininhaber der DeNIC als offensichtlich aufdrängen musste. Dies wurde vom OLG bejaht. Und aufgrund dessen wurde die Berufung abgewiesen.
Insoweit ist mir auch nicht ersichtlich, wie die DeNIC nur „formal“ (so Heise) verloren haben könnte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und das heißt, dass die Klägerin von der Beklagten DeNIC nach diesem Urteil die Löschung, bzw. die Aufhebung der Registrierung verlangen kann.
Just FYI.
Wen das Urteil näher interessiert, der kann das gerne in meinem Artikel „DeNIC muss offensichtlich rechtswidrig eingetragene Domains nach Grundsätzen der Störerhaftung löschen“ noch einmal nachlesen.