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Was soll eigentlich dieses Urheberrecht Teil 3 – Dieses Mal mit dabei: heftig.co und die Grundlagen des Urheberrechts

Uff! Es ist über zwei  Jahre her, dass ich vor dem Hintergrund der SOPA-, PIPA und ACTA-Aufregung (erinnert sich überhaupt noch wer?!)  einmal zusammenschrieb „Was soll eigentlich dieses Urheberrecht“. In Teil 1 erläuterte ich

  • woher das Urheberrecht eigentlich kommt,
  • was es soll (es schützt das geistige Eigentum des Kreativschaffenden),
  • das es ein „Bestimmerrecht“ ist (nämlich das Bestimmerrecht des Werkschaffenden)
  • wie das deutsche Urheberrecht und CC-Lizenzen zueinander stehen,
  • und was eigentlich das Zitatrecht ist.

In „Was soll eigentlich dieses  Urheberrecht eigentlich? Teil 2“ brachte ich dem geneigten Leser, dann einmal

  • das Institut der Abmahnung, inklusive
  • des Unterlassungsanspruchs
  • des Anspruchs auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten
  • sowie des Schadensersatzanspruchs

im Urheberrecht näher. Dabei versuchte ich insbesondere klar zu machen, dass das eben alles nicht per se „bösartig“ ist, sondern einfach den berechtigten Interessen des Urhebers dient.

Aber gut. Niemand ist frei von Fehl und Tadel. Vielleicht habe ich das mit dem Urheberrecht auch etwas falsch verstanden. Das jedenfalls könnte man meinen, wenn man die Reaktion der Gründer von heftig.co auf die Fragen der Rhein-Zeitung  liest.

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Active Sourcing und Talent Relationship Management (TRM) rechtlich betrachtet – Part III

Ende April veröffentlichte ich hier Part I und Part II der kleinen Serie zum Active Sourcing & Talent Relationship Management (TRM). Während ich im ersten Teil erläuterte,

was eigentlich Active Sourcing & TRM ist,
warum sich ein Personaler auch noch um die rechtliche Seite den Kopf zerbrechen sollte
und warum der den Personalabteilungen bekannte § 32 BDSG hier eher weniger hilft,

setzte ich mich im zweiten Teil mit den rechtlichen Problemen der Kandidatenansprache

ausführlich auseinander. Nach einem Haufen Arbeit und einer zweiwöchigen, sehr schönen, Auszeit mit meiner Familie auf Menorca, kommen wir hier nun endlich zum dritten Teil, der sich mit der wettbewerbsrechtlichen Fragestellungen befasst. Schließlich gibt es neben dem interessierten Unternehmen und dem potentiellen Kandidaten häufig noch ein dritte Partei: Den bisherigen Arbeitgeber. Und der ist im Zweifel nicht sonderlich amüsiert, wenn der schnellste Fisch in einen hübscheren Teich gelockt wird.

I. Der Wettbewerb und das Recht

Nach unserer Rechtsordnung (und Marktordnung) ist der Wettbewerb frei. Doch innerhalb dieses freien Wettbewerbs soll fair gespielt werden. Für das Fairplay im Markt sorgt in erster Linie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, kurz UWG. Und nach eben diesem Gesetz sind unlautere geschäftliche Handlungen verboten, wenn sie die Interessen von Mitbewerbern spürbar beeinträchtigen. Doch was sind unlautere geschäftliche Handlungen und die Interessen von Mitbewerbern auf dem Spielfeld der Rekrutierung?

1. Abwerben – Eine unlautere geschäftliche Handlung?
Die Freiheit des Wettbewerbs erstreckt sich auch auf die Nachfrage nach Arbeitnehmern und somit haben Unternehmen keinen etwaigen „Bestandsschutz“ hinsichtlich ihrer Mitarbeiter (vgl. Köhler/Bornkamm, § 4, Rn. 10.103). Das Fischen in fremden Teichen, also das Abwerben von Mitarbeitern, ist damit grundsätzlich erlaubt. Jedoch: Fair muss es zugehen. Das Ziehen am Trikot ist weder beim Fußball, noch beim Rekrutieren erlaubt. In der Sprache des UWG heißt es dazu: Unlauter handelt insbesondere, wer die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft (§ 4 Nr. 7 UWG), oder Mitbewerber gezielt behindert (§ 4 Nr. 10 UWG). a. Rekrutierung = Das Herabsetzen & Verunglimpfen von Mitbewerbern?!? Abwegig! Meint hier der ein oder andere womöglich. Doch weit gefehlt. Eine wettbewerbswidrige Herabsetzung eines Mitbewerbers ist nämlich dann zu bejahen, wenn die Handlung geeignet ist, die Wertschätzung des betroffenen Mitbewerbers in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise zu verringern. Und nun stelle man sich vor, den Mitarbeiter MA der Agentur A erreicht eine elektronische Nachricht vom Familienunternehmen F mit folgendem Inhalt: „Sehr geehrter Herr MA, möchten Sie weiterhin Dinge hören wie ‚Um 18.00 Uhr schon Feierabend? Haben Sie denn einen halben Tag Urlaub eingereicht?!‘ oder ‚Kommen Sie, zur Hochzeit Ihrer Schwester können Sie doch immer noch, der Pitch ist jetzt echt wichtiger…!‘ oder ‚Bitte ändern Sie den Plot noch mal – ich muss in 30 Minuten beim Kunden präsentieren‘. Nein? Rufen Sie mich an! In unserem Familienunternehmen F wissen wir nämlich Ihr Marketing-Know-How und Sie als Person zu schätzen. Ihr Personaler des Unternehmens F.“

Was entnimmt der angesprochene Verkehrskreis (also der angesprochene Kandidat) diesen Sätzen in Bezug auf die Agentur A? Wohl kaum etwas anderes als dass es sich um einen „Saftladen“ handeln muss, dem die Befindlich- und Persönlichkeit der Mitarbeiter komplett egal ist, solange sie nur arbeiten und die Rendite am Ende des Tages stimmt. Es wird also ein abträgliches Werturteil hinsichtlich der Agentur gefällt. Und aufgrund dieses Gesamtkontextes und Eindrucks wäre es damit auch gleichgültig, ob derartige Sätze vielleicht tatsächlich mal in der Agentur gefallen sind. Ergo ist diese Nachricht dazu geeignet, die Wertschätzung des Mitarbeiters MA für seinen Arbeitgeber die Agentur A zu verringern. Und demnach liegt eine unlautere Handlung in Form der Herabsetzung des Mitbewerbers (des bisherigen Arbeitgebers) vor. b. Rekrutierung = Das gezielte Behindern von Mitbewerbern?!? Nach dem oben Gesagten, wonach das Abwerben von Mitarbeitern erlaubt ist, kann eine Rekrutierung wohl kaum eine unlautere Handlung im Sinne der Behinderung des Mitbewerbers sein? Doch es kann. In einem Fall wie dem hier konstruierten. Denn eine Abwerbung ist wettbewerbsrechtlich eben nicht nicht mehr zulässig, wenn unlautere Begleitumstände wie etwa die herabsetzende Äußerungen über den bisherigen Arbeitgeber  hinzukommen. Und das wiederum gilt dann als gezielte Behinderung des Mitbewerbers.

2. Mitbewerber – Wo ist denn das Wettbewerbsverhältnis?
Im Wettbewerbsrecht wird ein Wettbewerbsverhältnis benötigt, um als Unternehmen gegen den sich unlauter verhaltenen Mitbewerber vorgehen zu können. Das soll die Möglichkeit des „Behakens“ von Unternehmen untereinander begrenzen. Dabei ist klar, dass ein Wettbewerbsverhältnis zwischen zwei Shampoo-Produzenten besteht, die um die gleiche Käuferschaft und damit dem Absatz von Produkten buhlen. Doch besteht ein Wettbewerbsverhältnis zwischen einem Hersteller von Dosensuppen und einem Maschinenbauer für Tunnelbohrköpfe, die beide einen Marketing-Direktor suchen? Die schlichte Antwort lautet: Ja. Denn ein Wettbewerbsverhältnis besteht auch dann, wenn die beteiligten Unternehmen nicht im Absatz von Produkten, sondern in der Nachfrage nach Dienstleistungen, einschließlich derer von Arbeitskräften, konkurrieren (vgl. Köhler/Bornkamm § 4, Rn. 10.104). Und das heißt, es besteht quasi immer ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmen in Bezug auf die Abwerbesituation, gleich wie „weit weg“ sie hinsichtlich ihrer Produkte oder Dienstleistungen sein mögen.

3. Kandidatenansprache – Eine geschäftliche Handlung?
Last but not least bedarf es immer einer geschäftlichen Handlung, damit ein Unternehmen gegen den Mitbewerber wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend machen kann. Und ganz klar: Die Kandidatenansprache ist in der Regel als geschäftliche Handlung zu verstehen, schließlich handelt es sich hierbei um ein Verhalten zu Gunsten des eigenen (oder im Falle von Headhuntern eines fremden) Unternehmens, das mit der Förderung des Absatzes von Dienstleistungen oder dem Bezug von Dienstleistungen oder dem Abschluss von Verträgen über Dienstleistungen objektiv zusammenhängt (vgl. § 2 Nr. 1 UWG).

4. Unterlassung und Schadensersatz
All das zuvor Gesagte würde kaum jemandem irgendetwas nützen, wenn man nicht auf die Einhaltung der Fairplay-Regeln pochen könnte. In unserem fiktiven Fall könnte die Agentur A vom Familienunternehmen F Unterlassung nach § 8 UWG verlangen und ggf. Schadensersatz nach § 9 UWG geltend machen. Zunächst mittels einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, dies fordert schließlich § 12 Abs. 1 UWG. Ob überhaupt und wenn ja in welcher Höhe hier neben dem Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG Schadensersatz geltend gemacht werden kann, steht allerdings in den Sternen. Um ehrlich zu sein, die Aussichten sind ziemlich trübe. Schließlich kann kaum bemessen werden, wie hoch in solch einem Fall der mögliche Schaden wäre. Das musste auch ein großer Baukonzern unter Schmerzen erfahren, dem um die 50 Mitarbeiter abgeworben wurden. Die Schadensersatzklage in Millionenhöhe wurde letztlich vom Bundesarbeitsgericht abgewiesen. In den Urteilsgründen hieß es zwar, dass die Abwerbung wohl unlauter von statten ging, der Vortrag der Klägerin jedoch keine ausreichende Grundlage für eine Schätzung des durch unlauteres geschäftliches Verhalten der Beklagten entstandenen Schadens biete. Wer mag, kann das Urteil des BAG mit dem Az. 10 AZR 370/10 gerne ganz nachlesen (FYI: das Ganze landete beim BAG, weil es ursprünglich um die mögliche Verletzung von Beraterpflichten bzw. von vertraglichen Treuepflichten ging).

II. So what?! – I don‘t care!

Nach den hier gemachten Ausführungen mag das der Leser denken. Sicher, von einem derartigen unlauteren Abwerbeversuch muss der Arbeitgeber des angesprochenen Kandidaten erst einmal erfahren. Dass das jedoch kein aus der Luft gegriffener Fall ist, zeigt das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 23. Mai 2013, Az. 1 S 58/11. Ebenso wie in dem oben angeführten fiktiven Fall, versuchte ein Mitarbeiter eines Personaldienstleistungsunternehmen Mitarbeiter der Konkurrenz abzuwerben und übersendete zu diesem Zweck eine XING-Nachricht, welche unter anderem folgende Formulierungen enthielt: „Sie wissen ja hoffentlich, was Sie sich da angetan haben? Und Sie wissen ja hoffentlich, in was für einem Unternehmen Sie gelandet sind?“

Das Gericht befand „Eine solche negative Darstellung des Unternehmens der Klägerin und ihrer Qualitäten als Arbeitgeber ohne jegliche sachliche Begründung greift unverhältnismäßig in die berechtigten Interessen der Klägerin auf angemessene Darstellung in der Öffentlichkeit ein.“ und damit, dass ein Verstoß gegen § 4 Nr. 7 UWG ebenso vorlag wie gegen § 4 Nr. 10 UWG. Das abwerbende Unternehmen wurde zur Erstattung der Abmahnkosten verurteilt. Das Unterlassungsbegehren war nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens, jedoch sah das LG Heidelberg den Unterlassungsanspruch ausweisliche der Urteilsbegründung ebenfalls als klar gegeben an. Die Frage, die sich damit stellt, ist, ob man sich als Unternehmen gegebenenfalls einem solchen Verfahren und dem damit verbundenen Ärger aussetzt oder vielleicht doch lieber einmal vorher prüft, welche Vorgehensweise dem Fairplay des UWG entspricht….

In diesem Sinne, auch beim Rekrutieren immer ans Fairplay denken! tl;dr: Active Sourcing und die Ansprache von Kandidaten in Arbeitsverhältnissen haben  auch immer eine wettbewerbsrechtliche Komponente – und über die sollte dann doch einmal kurz nachgedacht werden.

PS: Spannend ist an dem Urteil des LG Heidelberg auch, dass es als eine der ersten Entscheidungen in Deutschland mit der Frage der Einordung eines Social Media Profils, hier auf XING, befasst. Der abwerbende Unternehmen hatte nämlich behauptet, es habe sich um eine rein private Nachricht und nicht um eine geschäftliche Handlung gehandelt. Dem ist das Gericht – zu recht – nicht gefolgt. Ausführliche Erläuterungen zum Urteil des LG Heidelberg gibt es übrigens beim geschätzten Kollegen Carsten Ulbricht zu lesen. Und der ebenfalls geschätzte Kollege Thomas Schwenke hat auf t3n einen ebenfalls sehr lesenswerten Artikel zum Active Sourcing mit hübschen Beispielen veröffentlicht.

Active Sourcing & Talent Relationship Management rechtlich betrachtet – Part II

Im ersten Teil zu „Active Sourcing & Talent Relationship Management rechtlich betrachtet“ ging ich zunächst den folgenden Fragen nach:

  1. Was ist eigentlich Active Sourcing & TRM?
  2.  Warum sollte sich ein Personaler um die rechtliche Seite den Kopf zerbrechen?
  3.  Warum hilft der bei Personaler doch recht bekannte § 32 BDSG hier wenig weiter?

Letztlich lautet  das Ergebnis, dass jedenfalls das Identifizieren von Kandidaten und das Anlegen von Kandidatenpools im Unternehmen durchaus rechtskonform  möglich ist.

Ich erwähnte jedoch schon, dass die Kandidatenansprache und auch das anschließende Beziehungsmanagement nicht ganz unproblematisch sind. Um die Fragen der Kandidatenansprache soll es sich nun denn auch in diesem Teil maßgeblich drehen. Dazu für all diejenigen, die es sich einfach nicht vorstellen können, dass die Kandidatenansprache ein Problem darstellen kann, einfach mal folgender Tweet, der unmittelbar in Reaktion zu meinem Active Sourcing Beitrag von der „Zielgruppe“ kam:

„total nervig. regelmäßig e-mails von kanzleien oder post an den lehrstuhl. kommt beides in den papierkorb.“

Tja. Aus tatsächlicher Sicht würde ich sagen, dass die Kanzleien, die da „nerven“, sicher nicht die ersten sind, an die der derzeitige Doktorand später denken wird. Aus rechtlicher Sicht kommt uns das Nervige bei Nachrichten doch irgendwie bekannt vor. Nannte man es nicht SPAM? Und war SPAM nicht irgendwie…verboten?

I. Kandidatenansprache – rechtliche Wertung in Bezug auf den Kandidaten

Aber STOP. Fangen wir besser von vorne an. Ein potentieller Kandidat ist identifiziert. Die Jagd, äh also, der Rekrutierungsprozess kann beginnen. Es muss irgendwie Kontakt mit dem Kandidaten aufgenommen werden. Doch wie? In der Regel wird eine elektronische Kontaktadresse vorhanden sein. Vielleicht aber auch eine Telefonnummer. Oder aber eine Adresse. Zunächst kurz zu den Ausnahmen aus der Sicht der Personaler (Adresse und Telefon) und dann zum Regelfall (Email-Adresse oder sonstige elektronische Direct-Message):

1. Postalische Adresse

Wenn eine postalische Adresse vorliegt, ist die rechtliche Bewertung hinsichtlich der Kommunikation über diesen Weg sehr einfach: Einen Brief können Sie in der Regel schreiben (es sei denn ihre Firma ist vom Kandidaten schon auf eine Blacklist gesetzt worden ;=) ). Ob das tatsächlich so sinnvoll ist, lässt sich nicht nur ob des einen so eben zitierten Beispiels bezweifeln. Die Aufmerksamkeit der Kandidaten mit einem Schreiben derart zu erhaschen, dass das teure Stück nicht in der Ablage P landet, verlangt vermutlich Kreativität. Dies ist in Kampagnenform zumeist nicht ganz günstig, was wiederum… ach. Was zerbrech‘ ich mir den Kopf. Das ist ja nicht meine Aufgabe. ;=)

Also, einen Brief können Sie schreiben. Ob es zielführend ist. Nun ja. Das beurteilen Sie besser selbst.

2. Telefon – Cold Call.

Dunkel rauscht dem Personaler noch im Ohr, dass er potentielle Kandidaten doch anrufen darf?! Dem Grunde nach ist das auch richtig. Denn während sogenannte Cold Calls gegenüber Verbrauchern (Anrufe ohne Verbindung zum und vor allem ohne Einwilligung des Verbrauchers) zu Marketingzwecken nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG stets als unzumutbare Belästigung und damit als rechtswidrig gewertet werden, stellt sich die Situation bei potentiellen Kandidaten etwas dar. Denn der Anruf bei einem Kandidaten, gleich ob privat oder am Arbeitsplatz, zu Zwecken der Abwerbung stellt sich nach bisheriger herrschender Auffassung als Anruf gegenüber einem sonstigen Markteilnehmer im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar.

Warum? An sich ist ein Arbeitnehmer auch ein Verbraucher. Ein Verbraucher wird vor der kalten Telefonakquise vom Gesetz gut geschützt, da ein Telefonanruf einen beträchtlich Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen darstellt. Nach der herrschenden Auffassung seien aber die Interessen des Arbeitnehmers in Bezug auf sein Arbeitsverhältnis grundlegend anders zu bewerten als die eines Verbrauchers. Diese Interessen seien immer einer „beruflichen Tätigkeit“ zuzurechnen und damit sei der Verbraucher in diesem Verhältnis nur ein sogenannter Marktteilnehmer. Bei einem Marktteilnehmer wiederum muss nur eine mutmaßliche, aber keine vorherige ausdrückliche, Einwilligung vorliegen. Und das mutmaßliche Interesse sei grundsätzlich immer zu bejahen, wenn und soweit der Anruf der kurzen sachlichen Information dient, nicht aufdringlich oder sonst belästigend ist (vgl. BGH I ZR 221/01 – Direktansprache I; BGH I ZR 73/02 – Direktansprache II)

Es ist unschwer zu erkennen, dass dieser Argumentation ein bestimmtes Bild des Arbeitsmarktes zu Grunde liegt: Das Bild des Arbeitgebermarktes. Wie bereits in Part I erläutert verhält es sich jedoch heutzutage in etlichen Regionen und Branchen so, dass ein Bewerbermarkt existiert. Ebenso wie ein Verbraucher aus unzähligen Duschgel-Varianten oder Automobil-Modellen frei wählen kann, kann hier der Bewerber aus dem ihm vorliegenden Angeboten auswählen. Und ebenso wie ein Verbraucher sich grundsätzlich von dem Anruf eines Autohauses belästigt fühlt, ist auch der Ingenieur von dem er-weiß-selbst-nicht-wievielten-Anruf eines weiteren (Möchtegern-)Arbeitgebers nicht begeistert. Die Interessenslage des Arbeitnehmers ist also gerade nicht mehr zwingend von der des Verbrauchers zu unterscheiden. Und selbst wenn dem nicht gefolgt werden möchte, so kann jedenfalls aus den vorgenannten Gründen nicht mehr grundsätzlich von einer mutmaßliche Einwilligung des Marktteilnehmers aka Kandidat ausgegangen werden.

Anders ausgedrückt: Sie können einen identifizierten Kandidaten, sofern Sie dessen Telefonnummer haben, anrufen und ihm kurz Ihr Anliegen sachlich schildern. Nach der herrschenden Auffassung handeln Sie dann rechtskonform. Es würde mich aber nicht wundern, wenn sich aus den hier geschilderten Gründen die Auffassung insbesondere der Rechtsprechung wandelt. Darüber hinaus nützt Ihnen Ihre rechtskonforme Handlung natürlich herzlich wenig, wenn Sie damit dem Kandidaten auf den Keks gehen…. Und dass derartige Anrufe potentiellen Kandidaten auf eben diesen gehen, habe ich nun schon mehrfach persönlich von leidgeprüften Personalern geschildert bekommen.

3. Die elektronische Direct-Message

Bleibt die elektronische Direktnachricht, die, schon aus dem Grund, dass hier am ehesten Kontaktdaten vorliegen, das häufigste Mittel der Wahl ist. Dazu ergab auch eine nicht-repräsentative Umfrage bei einem Auszubildenden, einer Praktikantin (Studentin), zwei relativen Berufsanfängern, einer Berufserfahrenen (< 5 Jahre) und drei langjährig Berufserfahrenen (> 15 Jahre) ein passendes und konsistentes Bild: Alle bevorzugen eine erste Kontaktierung per elektronischer Nachricht. Der einzige Unterschied ergab sich daraus, dass die langjährig Berufserfahrenen Wert auf einen reinen Vorab-Kontakt legten, dann aber umgehend einen telefonischen oder persönlichen Termin erwarteten. Kurz: In diesem Zusammenhang wird eine elektronische Nachricht als weniger aggressiv und störend empfunden.

Vollkommen konträr zu dem sich abzeichnenden Bild steht jedoch die Rechtslage. Während – wie aufgezeigt – ein Telefonanruf bei einem potentiellen Kandidaten nicht zwingend eine unzumutbare Belästigung im Sinne des UWG darstellt, bedarf die Übersendung einer elektronischen Nachricht zu Zwecken der An-/Abwerbung in jedem Fall der ausdrücklichen Einwilligung des Adressaten. Denn § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, der die Zusendung von Werbung per Fax, Email oder sonstiger elektronischer Direktnachrichten regelt, trifft keine Unterscheidung zwischen Verbraucher und Markteilnehmer und damit auch keine Unterscheidung hinsichtlich der Qualität der verlangten Einwilligung.

Dies führt zu dem absurd anmutenden Ergebnis, dass die Übersendung einer Nachricht via XING zu Zwecken der An- oder Abwerbung grundsätzlich rechtswidrig ist, es sei denn, es läge schon eine Einwilligung des Kandidaten vor (welche nicht vorliegen kann, da es sich ja um einen Erstkontakt handelt). Dass bei jemandem, der sich auf einem Business-Netzwerk wie XING anmeldet und gar noch angibt, er sei an Job-Chancen interessiert, von dem Vorliegen einer Einwilligung ausgegangen werden kann (eben von der mutmaßlichen Einwilligung) ist hier irrelevant, da das Gesetz eben die ausdrückliche Einwilligung verlangt.

Das UWG regelt zwar nur das Rechtsbeziehungen von juristischen und natürlichen Personen, die zueinander im Wettbewerb stehen, jedoch kann eine natürlich Person aus §§ 823, 1004 BGB iVm allgemeinen Persönlichkeitsrecht gegen SPAM vorgehen. Dabei finden die Wertungen des UWG, die hier ausgeführt wurden, natürlich Berücksichtigung.

Damit stehen Sie vor dem folgenden Dilemma: Ein Telefonanruf ist, von einer möglichen Änderungen der Rechtslage abgesehen, aus tatsächlichen Gründen heikel. Eine Directmessage per Email, XING, Facebook oder Twitter wird von potentiellen Kandidaten  als grundsätzlich weniger belästigend eingestuft, was natürlich das Risiko einer rechtlichen Auseinandersetzung senkt. Wenn jedoch ein Kandidat von der 103. DM bezüglich eines Jobwechsels genervt ist, steht ihm das Recht klar auf der Seite – eine solche DM ohne vorherige Einwilligung ist eine unzumutbare Belästigung.

Die eigentliche rechtliche Streitigkeit wird dabei die wenigsten Personaler schrecken. Ein paar Tausend Euro können schnell ins Budget für solche Fälle eingeplant werden. Aber wie immer gilt auch hier: Sie müssen sich damit auseinandersetzen (*nerv) und die Außenwirkung ist alles andere als schön (dass die Leute über so etwas aber auch immer reden müssen!).

4. Soweit so gut – Und weiter?

Keine Frage, bislang existiert vermutlich kein einziger Fall, in dem ein angesprochener Kandidat eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte geltend gemacht hat oder in einen Rant über nervige Arbeitgeberansprachen verfallen ist. Mir ist jedenfalls keiner bekannt. Aber hier gilt Ähnliches wie bei arbeitsgerichtlichen Verfahren in Bezug auf Äußerungen in sozialen Netzwerken. Vor einem Jahr gab es kein einziges und nun sind es eine gute handvoll. Die Anzahl an sehr gefragten und damit dann irgendwann auch sehr genervten Berufsgruppen und Personen nimmt zu. Und ich bin deswegen selbst gespannt, ob und wenn ja wann, diese hier ausgebreitete graue Theorie (Rechts-)Wirklichkeit wird. Das Risiko sollte aber bekannt sein.

Dass allerdings das Zusammenspiel von neuen Medien und Compliance keine graue Theorie ist, zeigte der Fall der letzten Woche, bei dem ein Twitter-Kanal des Nachrichtendienstes Associated Press gehackt und die Falschmeldung, es habe einen Anschlag auf das Weiße Haus gegeben, verbreitet wurde. Nur wenige Minuten war der Tweet online, die Meldung wurde von offiziellen Stellen schnell revidiert. Die Börse reagierte jedoch zwischenzeitlich äußerst sensibel und der Dow Jones stürzte kurzfristig ab.

Dennoch bin ich mir ziemlich sicher zu wissen, wie Ihre Risikoabwägung ausgehen wird. ;=)

II. Kandidatenansprache – Rechtliche Bewertung in Bezug auf die Wettbewerber

Puuh. Wieder ein ganzer Artikel voll. Und dennoch ist nur ein weiterer Punkt geklärt. Im nächsten Teil geht es dann um die Kandidatenansprache aus Sicht des im Wettbewerb stehenden Unternehmens bzw. des Unternehmens, bei dem der Kandidat abgeworben wurde. Und schließlich werden wir noch zum Talent Relationship Management kommen.

In diesem Sinne,

weiter viel Erfolg beim Rekrutieren & stay tuned.

tl;dr: Kandidatenansprache hat den Status „Es ist kompliziert“. Der Personaler sagt dazu vermutlich „Ist mir doch egal.“.

Active Sourcing & Talent Relationship Management (TRM) rechtlich betrachtet – Part I

In der letzten Woche habe ich  nahezu täglich Berichte bzw. ganze Sonderbeilagen aus der WELT KOMPAKT zum Thema „Bewerbermangel“ meinem Mann, der sich bekanntermaßen mit dem Thema im Recrutainment-Blog beschäftigt, auf den Schreibtisch gelegt (ich überlege schon Honorar für das Presse-Clipping zu verlangen… ;=) ). Doch nicht nur der Blick in die Presse, sondern auch der auf meine Mandate zeigt: Active Sourcing & TRM ist „der heiße Scheiß“ der Personaler. Und da Personalthemen hier in den letzten Monaten ohnehin zu kurz gekommen sind, nehme ich das doch gerne zum Anlass, mich darüber auszulassen.

Im hier vorliegenden ersten Teil geht es zunächst einmal um die Fragen was Active Sourcing & TRM eigentlich ist (I.), warum sich ein Personaler um die rechtliche Seite den Kopf zerbrechen sollte (II.) und warum § 32 BDSG (Datenerhebung Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) hier gerade nicht weiter hilft (III.)

I. Active Sourcing? TRM? – Was’n das?

(Für diejenigen, denen das total klar ist: Bitte gleich weiter zur nächsten Überschrift)

Auch wenn so mancher es nicht glauben mag, viele Unternehmen in Deutschland haben ein Problem: Sie bekommen ihre Stellen nicht besetzt. Die Zeiten, in denen Personaler sich die besten Kandidaten aussuchen konnten, sind in vielen Regionen und Branchen schlicht passé. Schon 2011 stellte das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln fest, dass der Fachkräftemangel für 80% der Unternehmen ein Problem darstellt. Gelöst oder auch nur gebessert hat sich das nicht – im Gegenteil. Und so kämpfen die Unternehmen mit Employer Brand Kampagnen teilweise darum, überhaupt die Aufmerksamkeit der Bewerber und damit eine (die richtige!) Bewerbung zu erhalten.

In manchen Bereichen reicht aber eben das Hinhalten von interessanten, gar schmackhaften, Ködern nicht, um den Fisch zu fangen.  Die Personaler müssen vielmehr zu den Fischen in den Teich steigen und nach ihnen tauchen, um vielleicht einen davon überzeugen zu können, mit hinaus zu kommen. Und manche Fische sagen auch: „Oh wie nett. Aber ich möchte gerne noch ein bisschen was an der Teich-Universität lernen oder mir einen anderen Teich angucken, vielleicht komme ich aber zu einem anderen Zeitpunkt mit.“ Tja, und um einen solchen Fisch nicht zu verlieren, muss man schon einen Peilsender anbringen….

Anders ausgedrückt: Die Unternehmen gehen eben aktiv auf die Suche nach potentiellen Mitarbeitern außerhalb des Unternehmens, neudeutsch „Active Sourcing“ und versuchen, selbst, wenn eine Rekrutierung derzeit nicht in Betracht kommt, den Kontakt zu dem interessanten Kandidaten nicht zu verlieren, neudeutsch „Talent Relationship Management“.

Diese Art der Mitarbeitergewinnung ist natürlich in Zeiten von Social Media wesentlich einfacher geworden: Auf Plattformen wie XING kann gezielt und gefiltert nach Kandidaten gesucht werden, in Spezialisten-Foren kann man sich sicher sein, eben solche auch zu treffen und auf Facebook läuft einem sowieso eine Menge vor diese Nase. Da kann man doch schnell eine Nachricht schreiben oder interessante Kandidaten einfach mal vormerken und Sie regelmäßig kontaktieren. Oder?

II. Warum sollte man (der/die Personaler/in) sich darüber den Kopf zerbrechen? 

An dieser Stelle wird sich so mancher fragen, warum er denn überhaupt in die rechtlichen Tiefen dieser Fragestellungen einsteigen soll. Denn wo kein Kläger, da kein Richter und wer klagt denn schon, wenn ihm ein Unternehmen das Interesse anträgt, ihm (oder ihr) also der Bauch gepinselt wird?

Zunächst kann der Betroffene materielle und/oder immaterielle Schadensersatzansprüche bei einem Datenschutzverstoß geltend machen und schon lange nicht mehr jeder Programmierer oder Verfahrenstechniker fühlt sich beim 38. Anruf oder der 52. Email wegen seiner beruflichen Perspektive noch geschmeichelt – ganz im Gegenteil. Darüber hinaus kann ein Wettbewerber gegebenenfalls wegen des unlauteren Abwerbens eines Mitarbeiters einen Prozess anstrengen. Und schließlich kann das Bekanntwerden von Datenschutzverletzung eine Beeinträchtigung der Reputation eines Unternehmens zur Folge haben. Die Haltung „Ein Shitstorm geht schon vorüber“ hilft dabei einem an der Börse notierten Unternehmen, bei dem in diesem Fall ein Verstoß gegen die eigenen Compliance-Richtlinien vorliegt, im Zweifel wenig.

Bislang gibt es in der Praxis zwar recht wenige Prozesse, die sich überhaupt mit Schadensersatzansprüchen in Folge von Datenschutzverletzungen befassen (bspw. LG Stuttgart, Az. 21 O 97/01), es ist aber abzusehen, dass diese aufgrund der vermehrt aufkommenden Datenschutzproblematik und Sensibilisierung zunehmen werden. Schließlich gab es bis Anfang letzten Jahres auch keinen einzigen arbeitsgerichtlichen Prozess wegen der Äußerungen von Mitarbeitern in sozialen Netzwerken. Doch seitdem sind eine handvoll Prozesse geführt worden. Und hinsichtlich des unlauteren Abwerbens eines Mitarbeiters via XING ist die erste Entscheidung bereits ergangen (LG Heidelberg, Az. 1 S 58/11).

Vor dieser unübersichtlichen Gemengelage steht dann einerseits der Personaler, der dringend seine Stellen besetzen möchte und muss. Und auf der anderen Seite die Rechtsabteilung, die unter Verweis auf die Compliance-Regelungen des Unternehmens und der nahezu gänzlich fehlenden konkreten Rechtsprechung (sowie vor dem Hintergrund der mangelnden eigenen Zeit, tiefer in die Materie einzusteigen) aus Sicherheitsgründen die dringende Empfehlung, wenn nicht gar Vorgabe, abgibt, es mit dem Active Sourcing und TRM sein zu lassen. Und das ist – für den Personaler – ein ganz handfestes Praxisproblem.

Dabei ist diese Empfehlung gar nicht ausgemacht. Ganz im Gegenteil. Die gute Nachricht lautet bereits jetzt: Active Sourcing & TRM ist nach bestehender Rechtslage durchaus gesetzeskonform möglich.

III. Rechtliche Probleme von Active Sourcing & Talent Relationship Management

Tatsächlich geht das Suchen, Finden und Kontaktieren von potentiellen Kandidaten dank der verschiedenen sozialen Netze relativ leicht. Rechtlich sind jedoch Fragen des Datenschutzes und damit die Persönlichkeitsrechte der Kandidaten betroffen. In Folge dessen sind Active Sourcing und TRM keine Selbstgänger. (Der Gesetzgeber hatte zwar bereits im Jahr 2010 versucht, mit einem mit einem Gesetzesentwurf auf diese Problematik zu reagieren (siehe dazu hier und hier). Das Gesetz ist jedoch bis heute nicht in Kraft getreten, Näheres dazu findet sich hier.)

1. Research & Anlegen von Kandidatenprofilen sind datenschutzrechtlich relevante Handlungen

Beabsichtigt ein Unternehmen die Suche nach potentiellen Kandidaten, so sollte es aber den letzten Wortteil, eben die DATEN und damit den Datenschutz auf der Agenda haben. Denn nach dem Bundesdatenschutzgesetz (§ 3 BDSG) ist die Suche von Kandidaten, das Anlegen von Kandidatenprofilen sowie die Ansprache und Beziehungspflege als das Erheben (Beschaffen), das Verarbeiten und das Nutzen von Daten zu qualifizieren.

2. Eigentlich ist es verboten – es sei denn, es ist erlaubt 

Eine solche Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist jedoch nach § 4 Abs. 1 BDSG nur zulässig, wenn der Betroffene (also der Kandidat) eingewilligt hat oder aber eine Rechtsvorschrift dies erlaubt. (Der hübsche juristische Fachbegriff für eine Regelung wie diese lautet übrigens: „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt„. Toll. Können Sie sich jetzt merken. Zum Angeben. Für das nächste Gespräch mit der Rechtsabteilung. Oder so. ;=) )

Tja. Da das Unternehmen den Betroffenen selbst noch gar nicht kennt – schließlich will es diesen ja gerade suchen und kontaktieren – kann eine Einwilligung schon nicht vorliegen. Demnach bedarf es also einer gesetzlichen Regelung, die die Datenerhebung in solchen Fällen erlaubt.

a. Erlaubnis nach § 32 BDSG – Datenerhebung zu Zwecken des Beschäftigtenverhältnisses

Dem geneigten Personaler mag nun sofort § 32 BDSG in den Sinn kommen, wonach „Personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden [dürfen], wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.

Klingt gut. Schließlich dreht es sich hier auf den ersten Blick um den allerersten Baustein eines möglichen Rekrutierungsprozesses und damit um ein Beschäftigungsverhältnis. Und bei Beschäftigungsverhältnissen ist § 32 BDSG ein andere Normen verdrängendes lex specialis. Dieses Ergebnis wäre jedoch vorschnell getroffen. Denn zunächst ist zu fragen, ob es sich bei einem potentiellen Kandidaten überhaupt um einen Beschäftigten im Sinne des § 32 BDSG handelt.

Klar ist, dass Bewerber Beschäftigte im Sinne von § 32 BDSG sind. Das ergibt sich zum einen aus der Legaldefinition des § 3 Abs. 11 Nr. 7 BDSG und zum anderen aus § 32 BDSG selbst, der von der „Begründung des Beschäftigungsverhältnisses“ spricht. Der Bewerber soll dadurch vor einer Ausforschung durch den Arbeitgeber in der vorvertraglichen (Vertrauens-)Phase des Rekrutierungsprozesses geschützt werden.

Fraglich ist jedoch, ob sich die Norm auch auf potentielle Kandidaten bezieht. Denn zum Zeitpunkt der Datenerhebung (Search) wissen weder Unternehmen noch Kandidat, ob jemals ein konkreter Rekrutierungsprozess (= entsprechend einer Bewerbungsphase) geschweige denn ein Beschäftigungsverhältnis entsteht. Während sich zwischen einem Bewerber und dem potentiellen Arbeitgeber schon eine (vorvertragliche) Beziehung manifestiert hat, an dessen Ende womöglich ein Beschäftigungsverhältnis steht, mangelt es zu Beginn des Active Sourcing Prozesses an eben einer solchen Beziehung. Die vorvertragliche Vertrauensphase zwischen Bewerber und Unternehmen, bei der der Gesetzgeber dem Bewerber/Arbeitnehmer besonderen Schutz zubilligt, ist im Fall der Suche nach nur potentiellen, erst noch zu identifizierenden Kandidaten schlicht nicht vorhanden. Die Subsumtion von diesen erst überhaupt noch zu  identifizierenden Kandidaten unter den Beschäftigtenbegriff  wäre eine schlichte Überdehnung des Erlaubnistatbestands.

Dies auch deswegen, da bei § 32 BDSG davon ausgegangen wird, dass die Daten grundsätzlich beim Betroffenen und nur in Ausnahmefällen bei Dritten (z.B. dem vorhergehenden Arbeitgeber) erhoben werden dürfen. Gänzlich fikeliensch (wie man hier im Norden sagt) wird es bei der Erhebung von Daten aus allgemein zugänglich Daten. Das ist in einem sehr engen Rahmen auch über § 32 BDSG möglich, doch die ausufernde Erhebung und Speicherung von Daten sollte mit dieser Norm gerade zum Schutz des Bewerbers eingegrenzt werden.

Das Vorgehende spricht dafür, dass § 32 BDSG als Erlaubnistatbestand für das Active Sourcing nicht trägt. Nach hiesiger Auffassung kann § 32 BDSG überhaupt erst Anwendung finden, wenn und soweit vom Bewerber eine irgendwie geartete Bewerbung beim Arbeitgeber eingereicht wurde, die die vom Gesetzgeber zu Gunsten des Bewerbers als schützenswert geachtete Beziehung manifestiert.

Ich will jedoch nicht verhehlen, dass es auch Stimmen gibt, die ungeachtet der vorstehenden Argumentation § 32 BDSG als lex specialis für die stets vorgehende Norm im Zusammenhang mit Beschäftigungsverhältnisses erachten (Juristenkauderwelsch zum Angeben 2. Teil ;=) : lex specialis meint einfach nur, dass es sich um eine spezielle Norm für einen speziellen Sachverhalt handelt, die immer vorrangig zu sonstigen allgemeinen Normen ist. Voraussetzung zur vorrangigen Anwendung einer solchen speziellen Norm ist aber, dass es sich auch eben um diesen speziellen Sachverhalt handelt… so, dazu siehe nun siehe wieder oben.)

Wenn man der Auffassung wäre, dass § 32 BDSG auf den vorliegenden Fall anzuwendendes lex specialis ist, dann müsste man sich an dieser Stelle weiter damit auseinandersetzen, ob  die Erhebung auch für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses (Frage: Wie konkret muss hier die Zweckbindung sein?) erfolgt und ob diese erforderlich, also verhältnismäßig zum angestrebten Zweck, ist. Und schließlich kann die interessante Frage gestellt werden, ob es ein Unterschied macht, ob das Unternehmen selbst oder aber ein Headhunter auf die Jagd geht (mE ja!).

b. Erlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG – Erheben von Daten für eigene Geschäftszwecke

Eine Lösung für das oben aufgezeigte Dilemma bietet § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG. Dieser greift gerade die Fälle auf, in denen die Daten nicht direkt bei dem bzw. von dem Betroffenen durch eine Bewerbung erhoben werden und bleibt in so weit neben dem § 32 BDSG bestehen. Nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG ist das

„Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke […] zulässig, […] wenn die Daten allgemein zugänglich sind […], es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung gegenüber dem berechtigten Interesse der verantwortlichen Stelle offensichtlich überwiegt.“

Vereinfacht und weniger verklauselt ausgedrückt: Das Anlegen von Kandidatenprofilen zu eigenen Zwecken wie der Personalbeschaffung ist zulässig, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen stammen und auf Seiten des Kandidaten keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen.

Dabei ist natürlich die Frage, was eine allgemein zugängliche Quelle ist. Nach dem BVerfG (E 33, 52, 65) ist eine Quelle dann allgemein zugänglich, wenn, wenn die Informationsquelle technisch dazu bestimmt und geeignet ist, der Allgemeinheit, d.h. einem individuell nicht mehr bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu beschaffen. Damit ist das Internet ganz klar eine allgemein zugängliche Quelle und Daten, die frei mit einer Suchmaschine auffindbar sind, müssen als allgemein zugängliche Daten im Sinne des BDSG gelten.

Die große Frage ist aber eigentlich, ob damit auch Daten aus geschlossenen Netzwerken wie Fachforen, Facebook, GooglePlus und XING öffentlich zugängliche Daten im Sinne des § 28 BDSG sind.

Zum Teil wird dabei argumentiert, dass diese Daten keine öffentlich zugänglichen Daten sein können, da eine Einsicht erst nach einer vorherigen Anmeldung und der Registration als Mitglied möglich seien. Diese Argumentation entspringt jedoch der Offline-Welt, in der der Zugang zu Vereinen und deren Mitgliederverzeichnissen erst nach einer Anmeldung und/oder sonstigem Briefverkehr möglich war. Die Hürde, um Einsicht zu erlangen, war tatsächlich relativ hoch.

Anders verhält es sich jedoch mit dem Beitritt in ein digitales Netzwerk. Dies ist mit wenigen Klicks und kaum einem Zeitaufwand verbunden, kaum mehr als mit dem Aufschlagen eines Telefonbuches. Insoweit müssen auch die innerhalb eines Netzwerkes frei zugänglichen Daten als allgemein zugängliche Daten im Sinne des § 28 BDSG bewertet werden.

Nicht verwechselt werden dürfen diese Daten mit solchen, die durch die Privateinstellungen vor Zugriffen beliebiger Mitglieder geschützt sind. So kann nicht der Werkstudent, der Verfahrenstechnik studiert, mit der Aufgabe betraut werden, seine Freunde und deren darüber zugängliche Freunde in Netzwerken nach ihrer Eignung als potentielle Kandidaten abzuklopfen und dem Unternehmen diese „zu übergeben“.

Ein schutzwürdiges Interesse des Kandidaten, das der Erhebung der Daten entgegenstehen könnte, wird in der Regel nicht bestehen. Schließlich werden die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen, also der Geschäftssphäre des Kandidaten erhoben. Eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung liegt damit nicht vor.

3. So weit so gut – Und weiter?

Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht.

Die gute Nachricht lautet: Es gibt eine gesetzliche Erlaubnisnorm auf die Active Sourcing gestützt werden kann. Die Gelehrten streiten sich zwar wie aufgezeigt im Detail.  Diesen Streit in eben diesen Details hier auszubreiten, würde jedoch den Rahmen sprengen – und die meisten Leser herzlich wenig interessieren. :=).

Die schlechte Nachricht lautet: Mit dem Wissen um die Erlaubnisnorm ist es für die Handelnden nicht getan. Der sogenannte Zweckbindungsgrundsatz des § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG verlangt ebenso Beachtung wie Benachrichtigungspflichten, denen möglicherweise nachzukommen sind, und Protokollierungspflichten, die in diesen Fällen sicher auf die Unternehmen zukommen. Da sitzt der Hase im Pfeffer. Aber bitte nicht zuviel Angst, das ist alles ebenfalls machbar.

4. Kandidatenansprache & Talent Relationship Management

Während aus juristischer Sicht nun schon eine Menge auseinander genommen wurde, haben wir aus Sicht des geplagten Personales gerade einmal einen Kandidaten identifiziert und in den Datenpool auf genommen. Welche rechtlichen Stolpersteine in der Ansprache liegen und wie Peilsender zum weiteren Beziehungsmangagement angebracht werden dürfen, das wird  im zweiten Teil ausgebreitet werden.

In diesem Sinne,

nicht Verzweifeln beim Active Sourcing – außer vielleicht an leeren Teichen…

tl;dr: Active Sourcing ist nach geltender Gesetzeslage grundsätzlich rechtskonform möglich. Mehr zu Kandidatenansprache und TRM beim nächsten Mal.

Nachtrag zum Praxisfall Zitatrecht

Wie im letzten Artikel Aus aktuellem Anlass: Der Praxisfall zum Urheberrecht „Das Zitat“ angekündigt, habe ich einen Gastartikel für den HRmarketingblog  der W&V schreiben dürfen. Dieser ist nun veröffentlicht. Während es in meinem letzten Artikel hier auf dem Blog um die Frage ging, warum die konkrete Form des vorgenommenen Zitats nicht ganz richtig war, findet sich auf dem HRmarketingblog mit dem Artikel

Ein Zitat muss her! Oder lieber doch nicht?

nun ein kurzer Wegweiser durch das Zitatrecht zum „richtigen“ Zitat. Einfach die Checkliste zusammen mit dem gesunden Menschenverstand durchgehen und schon sollte nichts schiefgehen … es sei denn, ach, lest selbst am Ende des Gast-Artikels im HRmarketingblog. 😉

In diesem Sinne,

auf viele schöne weitere Texte.

Was soll eigentlich dieses Urheberrecht? Teil 2 – Mit dabei: ACTA, Pinterest, Abmahnungen

In „Was soll eigentlich dieses Urheberrecht? Teil 1“ habe ich das Wesen des deutschen Urheberrechts, die guten Gründe für einen Schutz des geistigen Eigentums und die Frage nach der vermeintlichen Alternative der „freien Nutzung“, gerade vor dem Hintergrund der aufgeheizten Diskussionen um die MegaUpload-Affäre, SOPA und PIPA,  dargestellt.  Der zweite Teil soll(te) hier das Institut der Abmahnung, deren Berechtigung, die darin enthaltenen Ansprüchen auf Unterlassung, Erstattung der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz sowie die Schlagworten Lizenzschaden und doppelter Verletzergewinn nebst alle damit verbundenen Gerüchten behandeln.

Doch bevor ich dazu kam, schwappte auch erst einmal  ACTA in einem großen Ausmaße durch die Timelines. Und was es dort nicht alles zu lesen gab. Kurz zusammengefasst: Das freie Internet wird sterben! Internet-Zensur! Keine Beweise mehr notwendig für Verwerter! Urheberrechtsverletzungen jetzt strafbar! (Einfach mal bei Twitter nach dem Hashtag #ACTA suchen) Viel zu wenig Beachtung fand dagegen beispielsweise die sehr sachliche und sehr gute Analyse von Jens Ferner „Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) und das deutsche Recht„. Der Kollege macht deutlich, dass das meiste Geschrei vollkommen überzogen ist, da das meiste ohnehin schon lange, lange im deutschen Urheberrecht verankert ist und verhehlt dennoch nicht, dass genügend problematische Passagen vorhanden sind. Wer sich ernsthaft und ohne Hysterie mit ACTA beschäftigen möchte, dem sei diese Analyse, aber auch das Statement von RA Stadler, zum Lesen empfohlen.

Im positiven Sinne zieht dagegen aktuell Pinterest gerade das Interesse der Social Media Gemeinde auf sich. Ich selbst hatte noch keine Zeit den Kuratierungsdienst (hach, die deutsche Sprache hat schon schöne Schöpfungen…) auszuprobieren. Dabei hatte ich doch selbst in meinem Jahresausblick angemerkt, dass eben solche Dienste im Jahr 2012 weiter an Bedeutung gewinnen werden und aus urheberrechtlicher Sicht nicht uninteressant sind. Doch auf die Kollegen ist Verlass!  Drum sei an dieser Stelle zum einen auf den Kollegen Schwenke verwiesen, der sich der Thematik in gewohnt verständlicher und übersichtlicher Weise mit dem Artikel „Printerest und die rechtlichen Risiken beim Teilen und Verlinken“ vor allem aus der Sicht der Nutzer bereits angenommen hat. Kollege Ulbricht beleuchtet daneben in seinem Blogpost Social Commerce & Recht – Warum Pinterest & Co kein direktes Problem mit dem Urheberrecht haben auch die Frage der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit der Plattformen. Schließlich darf der Kollege Krieg hier nicht fehlen, der mit seinem Beitrag „Entschuldigung, hätten Sie vielleicht Interesse daran, unseren Nutzer abzumahnen?“ die bemühte Lösung von Pinspire kommentiert. (Das Ganze wurde kurzum #pinterestwoche auf Twitter getauft und demnächst gibt es nur noch Themenwochen… 😉 )

Gemeinsam ist den lesenswerten Artikeln, dass dieses böses Wort fällt, um das es sich in erster Linie hier in diesem Artikel drehen soll. Die Abmahnung. Tja, denn wenn ein Nutzer, ohne dazu berechtigt zu sein, ein geschütztes Werk nutzt, dann ja dann kommt sie. Verdammt und verflucht, schon per se unrechtmäßig – so  ist es jedenfalls wieder und wieder zu lesen. Richtiger wird es durch die Wiederholungen nicht. Doch was ist die Abmahnung denn eigentlich?

Die Abmahnung ist ein Instrument vorwiegend des Marken-, Wettbewerbs- und des Urheberrechts, das bei Verletzung eines Rechts der schnellen und kostengünstigen außergerichtlichen Streitschlichtung dienlich sein soll. Eine Abmahnung ist inhaltlich das Geltendmachen eines Unterlassungsanspruchs. Sinn und Zweck ist es dabei in erster Linie, den Verletzer außergerichtlich auf die existierenden Rechte des Urhebers (oder sonstigen Rechteinhabers) hinzuweisen und ihm den teuren (gerichtlichen) Rechtsstreit von vornherein zu ersparen.  Im Urheberrecht (und auch im Wettbewerbsrecht) ist sogar gesetzlich festgelegt, dass der Verletzte „den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben (soll), den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.“ (Vgl.§ 97a Abs. 1 UrhG und die entspr. Regelung in § 12 Abs. 1 UWG).

Dass es bei der Abmahnung einen Verletzten gibt, der sein Recht geschützt sehen will, wird vor lauter Empörung über die angehängte Kostennote leider gerne verdrängt. Doch im Gesetz heißt es weiter „Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.“ Hintergrund dieser klarstellenden Regelung ist, dass die Abmahnung – wie bereits erläutert – bei Verletzung eines Rechts der schnellen und kostengünstigen außergerichtlichen Streitschlichtung dienlich sein soll. In Folge dessen werden dem Verletzer zunächst „automatisch“ die Gebühren des gegnerischen Rechtsanwalts auferlegt. Der Verletzter wird damit so gestellt als wäre er die unterlegene Partei in einem Prozess, der Rechteinhaber und Verletzte so, als sei er obsiegende Partei  Schließlich gilt im Zivilprozess der Grundsatz: Wer verliert, der bezahlt.

Die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren bemisst sich dabei zum einen nach dem in Ansatz gebrachten Streitwert und zum anderen nach der Gebührentabelle im RVG. Die Höhe der Streitwerte differiert je nach verletztem Recht (Bild, Musik, Text), der qualitativen und quantitativen Intensität der Rechtsverletzung sowie – auch  – dem angerufenen Gericht. Denn wertbestimmend ist beim Unterlassungsanspruch die durch das Gericht gemäß § 3 ZPO zu schätzende Beeinträchtigung, die für den Verfügungskläger von dem beanstandeten Verhalten verständigerweise zu besorgen ist und die mit der begehrten Unterlassung beseitigt werden soll (vgl. Zöller, ZPO, § 3 Rn. 16 „Unterlassung“). Heißt im saloppen Klartext: Das Gericht muss, kann und darf  selbst einschätzen für wie „wertvoll“ sie den Unterlassungsanspruch hält. Im folgenden ein paar Beispiele für Unterlassungsstreitwerte:

Dies entspricht bei einer sog. durchaus üblichen 1,3 Gebühr nach RVG Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 265,70 EUR bei 3.000 EUR, 651,80 EUR bei  10.000 EUR,  755,80 EUR bei 15.000 EUR und 1.379,80 EUR netto bei 50.000 EUR Streitwert. Man sieht also, es ist nicht ganz unerheblich für den Abgemahnten, wie hoch das Gericht den Unterlassungsstreitwert ansetzt. Darüber hinaus ist auch der sog. Faktor der Gebühr angreifbar. So können bei einer „vergleichsweise einfachen Tätigkeit“ nur 0,8 Gebühren verlangt werden. – Allerdings sind sich hier die Gerichte ziemlich einig, dass urheberrechtliche Angelegenheiten per se nicht „einfach gelagert“ sind und eine 1,3 Gebühr von daher in der Regel als angemessen gilt.

Ach, den § 97a Abs. 2 UrhG will ich hier natürlich nicht unterschlagen, wonach die Anwaltskosten bei der „erstmaligen Abmahnung in einfach gelagerten Fällen bei einer nicht unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs“ auf 100 EUR beschränkt sind. Kurz und knapp: Findet an sich nie Anwendung, da es in der Regel immer an einem Tatbestandsmerkmal fehlt. Die Anwendbarkeit wird zwar immer wieder, vor allem unter Berufung auf eine Pressemitteilung des BGH, kolportiert, doch dadurch wird es nicht richtiger. Die Pressemitteilung ist sehr unglücklich formuliert und im Urteil des BGH ist davon nichts zu lesen…

Wir halten also fest: Je nach Art und Schwere der Urheberrechtsverletzung werden schon mal ein paar hundert Euro an Anwaltsgebühren fällig. Klingt ungerecht für den Abgemahnten? Naja, der hat (wenn die Abmahnung berechtigt ist) aber doch das Recht eines anderen verletzt. Noch ungerechter wäre es wohl, wenn der Urheber/Rechteinhaber seinen Anwalt auch noch selbst bezahlen müsste, obwohl der Urheber/Rechteinhaber nur die Verteidigung seines (geistigen) Eigentums vornimmt.

Außerdem besteht für den Rechtsverletzer/Abgemahnten auch der Vorteile der schnellen Streitbeilegung und damit die Vermeidung eines insgesamt wesentlich teueren Gerichtsprozesses. Darüber hinaus ist der Abgemahnte auch nicht rechtschutzlos. Hält er die Abmahnung für unberechtigt, kann er die Berechtigung der Abmahnung und damit die Kostentragungspflicht bestreiten. Berechtigt ist die Abmahnung im Übrigen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassen tatsächlich besteht und die Abmahnung den formalen Anforderungen genügt (Formale Anforderungen: Sachverhaltsschilderung, Rechtliche Ausführungen, strafbewehrte Unterlassungserklärung, Androhung gerichtlicher Schritte, Kostennote, Unterschrift). Darüber hinaus kann der Abgemahnt eventuell die Höhe der verlangten Rechtsanwaltsgebühren und die Höhe des geforderten Schadensersatz angreifen.

Und da sind wie auch schon beim Schadensersatz. Denn dieser kommt natürlich noch „oben drauf“, wenn und soweit die Rechtsverletzung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde. Dass heißt eben nicht, dass ich jemanden konkret verletzen wollte. Sondern es reicht, dass ich bspw. ein Foto in meinem Blog verwende, von dem ich a) weiß, dass ich nicht der Urheber bin und b) keine Rechte ausdrücklich eingeräumt bekommen habe, sondern irgendwie einfach gar nicht nachdenke. Also bei jedem Bild, Text oder Song, den ich „mal eben“ zur Illustration u.ä. verwende. Schließlich hat klar zu sein, dass ich anderer Leute Eigentum nicht „einfach so“ verwenden darf. Ein Schaden muss der Rechteinhaber dabei nicht konkret nachweisen (dies wäre in den meisten Fällen auch quasi unmöglich) vielmehr wird der Schaden im Rahmen der sog. „Lizenzanalogie“ von den Gerichten nach § 287 ZPO geschätzt. Das heißt, das Gericht überlegt sich, was die Parteien wohl als Lizenzgebühr angedacht hätten, wenn sie sich vorher mal zusammengesetzt und über den Preis gesprochen hätten. Beim Kollegen Jens Ferner findet sich eine Übersicht zur Rechtsprechung in Bezug auf die Höhe des Schadensersatzes bei Musiktiteln. Grob über den Daumen gepeilt sind da etwa 150,00 EUR pro Musiktitel oder 1.000,00 EUR für ein Album realistisch derzeit vor den Gerichten für die Rechteinhaber durchsetzbar. Bei Bildern liefert die sog. MFM-Liste der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) eine gute Orientierung zur Höhe des Schadensersatzes (doch vgl. auch:  LG Kassel Az., 1 O 772/10).

Wird allerdings ein Bild ohne Nennung des Urhebers veröffentlicht, schlagen die Gerichte  noch einen Zuschlag von 100% auf die ermittelte Lizenzgebühr drauf (sog. Verletzerzuschlag). Das OLG Düsseldorf (I 20 U 138/05) begründet dies wie folgt (sinngemäß): Ein solcher Zuschlag ist rechtlich als eine Vertragsstrafe zu bewerten, weil er nicht in erster Linie der vereinfachten Durchsetzung eines als bestehend vorausgesetzten Schadensersatzanspruches dient, sondern die Erfüllung eines Hauptanspruches sichern und auf den anderen Teil Druck ausüben soll, sich vertragsgerecht zu verhalten, nämlich bei der Verwertung von Fotografien die Bildquelle anzugeben. Drum denke ein jeder dreimal nach, der auf einschlägigen Fotoportalen nach „freien“ Bildern sucht. Zwar wird dort dann eine Lizenzgebühr nicht verlangt, jedoch ist der Verwender dieser „freien“ Bilder nach dem UrhG gehalten, den Urheber zu benennen. Hier auf wird der Verwender gemeinhin auch per AGB des Fotoportals bzw. direkt vor und bei dem Download-Prozess hingewiesen. Verzichtet der Verwender auf die Nennung des Urhebers, so ist das kein „unbeachtliches Versehen“ aka „Kavaliersdelikt“. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts, welche eben mit zusätzlich mit dem Verletzerzuschlag „geadelt“ wird. Aber auch das ist nicht sonderlich ungerecht, wenn man bedenkt, dass etliche Urheber einige Ihrer Werke nur deshalb lizenzfrei zur Verfügung stellen, um die Bekanntheit des eigenen Namens (und damit der eigenen Arbeit) bekannt zu machen.

Und nach dem nun hier lang und breit Gesagtem muss nun ein jeder selber prüfen (lassen), ob eine erhaltene Abmahnung dem Grunde nach berechtigt ist und/oder ob die Höhe der geforderten Gebühren und/oder des Schadensersatzes gerechtfertigt sind. Kann der Streit dann nicht außergerichtlich beigelegt werden, wird der Rechteinhaber früher oder später den Rechtsweg bestreiten. Insbesondere wenn keine Unterlassungserklärung abgegeben wird, wird der Rechteinhaber eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erwirken (wollen). Ist eine solche erlassen, kann das Verfahren, dass an sich eben erst vorläufig ist, mittels eines sogenannten Abschlussschreibens beendet werden. Oder der Streit wird dann eben doch noch im Hauptsacheverfahren endgültig entschieden – das kann allerdings dauern.

Fazit:

Die Abmahnung ist weder per se böse, noch rechtswidrig noch ungerecht. Die mahnt – im wahrsten Sinne des Wortes – einen Rechtsverletzer zunächst mal ab und sagt ihm „Du, Du, Du, ich will nicht, dass Du weiter so mit meinem geistigen Eigentum verfährst!“. Ja, auch das kostet auch Geld, Zeit und Mühe, dieses „Du, Du, Du“. Sie finden das immer noch ungerecht? Wie wäre es dann, wenn nun allerdings jemand einfach ihr Auto nutzen, den Tank leer fahren und es Ihnen benutzt, dreckig und leer wieder vor die Tür stellen würden und Sie dann auch noch am Ende die Kosten einer Rechtsverfolgung tragen müssten? dann würden Sie sich doch auch bedanken  oder? Oder noch anders: Stellen Sie sich vor, sie könnten programmieren. Und Sie haben was echt Tolles programmiert. Die App, die jeder haben will und sich jeder kaufen würde. Selbst der kleine Preis von, mhm, sagen wir 2,50 EUR netto würde Sie reich machen, weil alle diese App haben wollen würden. Doch dann? Dann gibt es einen Leak. Und Ihr App wird frei und frei im Netz weiter verteilt. Wie würden Sie das finden? Immer noch gut? Dieses freie Internet ohne Schutz des Rechts auf geistiges Eigentum? Oder würden Sie es vielleicht doch ganz gut finden, wenn Sie dieses verteidigen könnten? Vielleicht mit so einem unkomplizierten Tool wie der Abmahnung?

In diesem Sinne,

auch Nutzer können Urheber sein.

PS: Ja, dieser Artikel spart eine große Diskussion aus. Die Diskussion um die Verwertungsgesellschaften, bzw. die Major Labels und Verlage. Mit Absicht. Denn das würde den Rahmen sprengen und hat zunächst auch mal mit den Grundlagen des Urheberrechts und den gestaltenden „Rechtsmitteln“ wenig zu tun. Dass gerade die Major Labels – ob in Musik oder Buch – verschlafen haben, mit dem Internet vernünftige und vor allem einfach Vertriebswege aufzubauen und deswegen vielleicht gezwungen sind ihre Rechte massiv auf dem Rechtswege durchzusetzen, kann gerne an anderer Stelle und ausgiebig diskutiert werden….

PPS: Bitte beachten!: Vorstehend finden sich ausgewählte Beispiele zu Unterlassungsstreitwerten und Schadensersatzhöhen. Diese sind weder vollständig noch haben sie Aussagekraft für einen konkreten Einzelfall. Solche gehören anwaltlich beraten und geprüft. In diesem Zusammenhang bitte ich schon jetzt darum, von Anfragen in Kommentaren wie „Können Sie mir denn sagen, ob das in dem und dem Fall gerechtfertigt ist?“ o.ä. abzusehen. Konkrete Rechtsberatung erbringe ich gerne im Rahmen eines Mandats. Jedoch nicht hier.

Rechtliche Hinweise zum Bloggen II: #guttenbergen und was sonst beim Texten zu vermeiden ist

Es ist momentan noch recht schwer den Namen „Guttenberg“ zu meiden, wenn es um die Rechtskonformität von Textinhalten geht. Auch wenn andere Nachrichten das Thema langsam verdrängen, mit der ausführlichen Berichterstattung zur „Doktorarbeit“ des Verteidigungsministers a.D. sollte eines klar geworden sein: Schlicht die Copy & Paste Tasten zu nutzen, um sich selbst nicht den Mühen des Verfassens eigener Texte zu unterziehen, hat nicht nur politische Brisanz, sondern auch zivil- und gegebenenfalls strafrechtliche Folgen.

Doch was bedeutet dies konkret? Nun, ein geschriebener Text stellt zunächst einmal ein Sprach-, genauer ein Schriftwerk dar. Damit genießt der Text – vorausgesetzt die notwendige „geistige Schöpfungshöhe“ ist erreicht – den Schutz des Urheberrechtsgesetzes. Wird ein fremder Text kopiert  und auf dem eigenen Blog veröffentlicht, so ist das Werk zum einen vervielfältigt (durch Kopie auf einen Datenträger) und zum anderen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden (durch Bereithalten des Textes auf der Website zum interaktiven Abruf im Web). Beide Handlungen sind sogenannte Verwertungen und das Recht hierzu hat zunächst einzig und allein der Urheber. Natürlich kann der Urheber gefragt werden, ob er das sog. Nutzungsrecht auch Dritten einräumt, also dem Blogger das Recht gibt, den Text auch auf dessen Blog zu nutzen. Hat der Urheber dem Blogger dieses Nutzungsrecht jedoch nicht eingeräumt, werden die Rechte des Urhebers mit der Veröffentlichung verletzt. Demnach kann der Urheber gegenüber dem Blogger im Zivilrechtswege Unterlassung, Erstattung der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz geltend machen. Schadensersatz? War dafür nicht ein Verschulden, also ein „Vorsatz“ notwendig? Ja. Aber wer fremde Texte einfach so übernimmt, der handelt jedenfalls grob fahrlässig und das genügt zur Begründung des Schadensersatzanspruches. Schließlich ist der Schutz von fremden Texten allgemein bekannt oder wird jedenfalls als bekannt vorausgesetzt.

Geltend gemacht werden die vorgenannten Rechte in der Regel mit der Abmahnung. Neben den Nerven kostet eine derartige Abmahnung in jedem Fall Geld – die 1.000,00 EUR sind mit Anwaltsgebühren und Schadensersatz schnell erreicht. Formulierung in den eigenen Haftungsregelungen wie zum Beispiel „Sollten Urheberrechtsverletzungen festgestellt werden, so ist der Betreiber dieser Webseite zunächst zu kontaktieren, bevor eine Abmahnung verfasst wird.“ sind zur Vermeidung derartigen Ärgers wenig hilfreich, auch wenn diese und ähnliche Formulierungen noch so oft zu lesen sind. Schließlich ist die Abmahnung das nach dem Gesetz vorgesehene Instrument, den Verletzer auf die Rechtsverletzung aufmerksam zu machen und eine außergerichtliche Streitbeilegung herbeizuführen.

Von diesen zivilrechtlichen Ansprüchen abgesehen, könnte der Urheber bei der Staatsanwaltschaft Strafantrag stellen. Den Plagiator erwarten bis zu drei Jahre Haft (zugegeben, dafür muss schon mehr passieren als nur die widerrechtliche Kopie eines Textstückes…) oder eine Geldstrafe.

So mancher wendet nun ein „Aber ein Zitat! Ein Zitat ist doch erlaubt!“. Das stimmt. Doch wie uns durch die Arbeit von Herrn Guttenberg in den vergangenen Tagen demonstriert wurde, heißt das weder, dass ein Text wie der, den Sie gerade lesen, etwa komplett übernommen werden, noch dass ein Zitat ohne Nennung des Urhebers, bzw. der Quelle erfolgen dürfte. Wie heißt es so schön im Kommentar: „Zum Wesen des Zitats gehört zunächst, dass es nicht ununterscheidbar in das zitierende Werk integriert, sondern als fremde Zutat ersichtlich gemacht wird.“ (Schricker – UrhG, 4. Auflage 2010, Schricker/Spindler, § 51, Rn. 15, mwN). Demnach darf ein Zitat eben nur mit Nennung des Urhebers, nach außen kenntlich und im Rahmen eines selbstständigen Werkes (eigener Text!), erfolgen. Auch wenn sich der „Autor“ die Mühe macht, den Text ein wenig zu verändern, in dem die Satzstruktur verfremdet und einzelne Wörter ausgetauscht werden, ändert dies noch nichts an einer möglichen Urheberrechtsverletzung (wobei zugegebener Maßen die Grenzen zu einem „neuen“ Werk fließend sind).

Nach der Feststellung, dass Zitate nur innerhalb eigenständiger Werke erscheinen dürfen, kann zu Recht mit Verwunderung auf paper.li und schlicht auf Webseiten eingebundene RSS-Feeds geblickt werden; schließlich werden insbesondere bei paper.li Texte einfach „angeschnitten“ und in ein „neues“ Format übertragen. Möchte allerdings der volle Artikel gelesen werden, so muss sich der User auf die Ursprungsseite begeben. Eine urheberrechtliche Relevanz – wenn auch natürlich einzelfallabhängi – ist bei paper.li dem Grunde nach nicht zu verneinen. Ob die Geltendmachung von Rechten (und wenn ja, gegen wen?) jedoch sinnvoll ist, muss ein jeder Urheber hier schon für sich entscheiden. Schließlich bietet paper.li unter Umständen den gleichen Effekt wie ein „Mega-Tweet“, der ggf. neue geneigte Leser auf den Blog lenkt. Eine interessante Diskussion dazu findet sich in The Time Blawg (auf Englisch).

Last but not least können inhaltliche Äußerungen auch aus wettbewerbsrechtlichen Sicht problematisch sein. So vermeide der Corporate-Blogger Aussagen wie „Am schnellsten wachsendes Start-Up im Bereich von…“, wenn diese Behauptung nicht nachweislich wahr ist. Ansonsten könnte von der Konkurrenz schnell eine Abmahnung wegen wettbewerbswidrigem Verhalten im Briefkasten liegen. Die Folgen sind dem Grunde nach nicht anders als bei einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen und damit auch nicht die angenehmsten.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass natürlich Beleidigungen, Verleumdungen und sonst herabwürdigende und strafrechtlich relevante Äußerungen ebenso verboten, wie falsche Tatsachenbehauptungen rechtswidrig sind. Meinen kann man hingegen viel. Der Unterschied zwischen Tatsachenbehauptung und Meinung? Tatsachenbehauptung: Es sind 18 Grad Celsius draußen. Meinung: Ich finde, es ist warm draußen. Eine Tatsachenbehauptung ist im Gegensatz zur Meinung nämlich dem Beweis zugänglich.  Allerdings hat die Meinungsäußerungsfreiheit eben an den Rechten Dritter ihre Grenze. Demnach ist die Äußerung „Ich finde Ihren Beitrag so sinnig wie einen strunzdummen Blumenkohl“ auch in einem Blog unter Verweis auf die Meinungsfreiheit mehr als nur fragwürdig.

In diesem Sinne. Viel Vergnügen beim Bloggen!

PS: Wem der Text nun reichlich bekannt vorkam, dem sei gesagt: Er hat recht! Denn auf HRInside erschien von mir bislang eine dreiteilige Serie mit Tipps zum rechtssicheren Bloggen. Diese wollte ich meinen Lesern allerdings nicht vorenthalten und führe deswegen die Artikel hier mit einigem zeitlichen Abstand der Zweitverwertung zu. Da Google jedoch nicht weiß, dass ich die Urheberin der Texte bin und somit mit meinen Verwertungsrechten schalten und walten kann wie ich möchte, sind die Texte ein wenig umgewandelt – sonst hält mich schließlich Google für den ständigen Plagiator und senkt meinen Page-Rank. Ich finde immer noch, da sollten die sich mal was einfallen lassen…