Das LG Köln (Az. 14 O 427/13) und die Urhebernennung – Ist die Entscheidung die Aufregung wert?

Ja. Natürlich haben auch wir uns um die gestern zunächst durch den Kollegen Plutte veröffentlichte Entscheidung des LG Köln vom 30. Januar, Az. 14 O 427/13 Gedanken gemacht. In der täglichen Morgenlage kamen wir allerdings zu dem einstimmigen Ergebnis: Die derzeitige Aufregung in den Timelines ist dieses Urteil nicht wert.

Zum Sachverhalt:

Ein Fotograf stellt auf einer Plattform (hier: Pixelio) ein Bild ein. Ein Dritter nutzt das Bild zur Bebilderung seines Artikels auf einer Website. Wie üblich kann man das Bild auch einzeln im Browser aufrufen.

Nun hält Pixelio – wie andere Stockfoto-Plattformen auch – Lizenzbedingungen vor, die dort lauten:

„Der Nutzer hat in der für die jeweilige Verwendung üblichen Weise und soweit technisch möglich am Bild selbst oder am Seitenende PIXELIO und den Urheber mit seinem beim Upload des Bildes genannten Fotografennamen bei PIXELIO in folgender Form zu nennen: ‚© Fotografenname / PIXELIO‘

Bei Nutzung im Internet oder digitalen Medien muss zudem der Hinweis auf PIXELIO in Form eines Links zu www.pixelio.de erfolgen.

Der Betreiber der Seite hatte vorliegend am unteren Rand der Seite, auf der das Bild verwendet wurde eine Urhebernennung angebracht. Kein Verweis auf den Urheber fand sich jedoch bei der Verwendung des Bildes in Form des gesonderten Einzelaufrufs (also unter der direkten Web-Adresse, der Bild-URL).

Hiergegen wendete sich der Urheber des Bildes, der Fotograf. Er sieht sein Urheberpersönlichkeitsrecht, konkret das Recht auf Nennung des Urhebers nach § 13 UrhG verletzt und ging gegen den Seitenbetreiber vor.

Zur Entscheidung:

Das Landgericht Köln gab dem Fotografen Recht. Die Lizenzbedingungen seien eindeutig. In jedem Verwendungsfall sei der Urheber zu benennen und die Möglichkeit des Einzelaufrufs des Bildes im Browser sei ein Verwendungsfall. Folglich untersagte das LG Köln die weitere Verwendung ohne Nennung des Urhebers.

Wer Einzelheiten zu der Entscheidung lesen möchte, der kann das Urteil selbst oder aber die Ausführungen bei dem Kollegen Plutte und dem Kollegen Schwenke lesen.

Zur Aufregung hinsichtlich der Entscheidung:

Tja, wir haben es eingangs schon gesagt. Wir können die Aufregung nicht teilen. Auch wenn wir sonst mit den Kollegen Plutte und Schwenke oft einer Meinung sind, so müssen wir an dieser Stelle dagegen halten. In die „Achtung! Drama! Alle Webseitenbetreiber betroffen!“-Ausrufe und den damit damit provozierten Eindruck des erneut untergehenden #Neulandes können wir nicht einfallen.

Warum nicht? Das hat mehrere Gründe:

1. Grund

Dass ein Urheber nach den Lizenzbedingungen genannt werden muss, ist unstrittig und klar. Das LG Köln hat nur festgehalten, dass dies in jedem Verwendungsfall der Fall sein muss, also auch, wenn das Bild ausschließlich unter der Bild-URL abzurufen ist. Well, das macht zugegebenermaßen für den denjenigen, der das Bild nutzen will, mehr Arbeit. Ja, er muss zusätzlich im oder am Bild einen Urhebernachweis anbringen. (Übrigens, die Auffassung, dass es sich beim Anbringen des Bildes bereits um eine unzulässige Bearbeitung des Werkes handelt, wie Schwenke sagt, teilen wir nicht und auch Plutte geht davon nicht aus). Doch, kurz mal nachgedacht. Diese Urhebernennung ist das EINZIGE was der Urheber vom Verwender verlangt. Das Bild ist kostenlos. Der Verwender hat es ganz leicht. Suchen. Finden. Download. Einbauen. Nichts bezahlen. Nur den Urheber nennen. Wir finden, das ist nichtzuviel verlangt. Auch nicht bei der Bild-URL. Anders ausgedrückt: Wer diesen Aufwand nicht treiben will: You get what you pay for! Wer sich also die Mühe nicht machen will, der soll ein Bild kaufen und zwar nach Lizenzbedingungen, wonach der Urheber nicht genannt werden muss. Fertig.

2. Grund

Wie gesagt, die Auffassung des LG Köln kann man durchaus vertreten und teilen. Auch wenn sie das Leben der Verwender ungemütlicher macht. Nun wird eingewandt, dass aber doch selbst die Plattformen davon ausgehen, dass eine derartige Urheberbenennung nicht sein muss, schließlich habe Pixelio das in einer Stellungnahme verlautbaren lassen. Nun ja, die Plattformen sind aber eben nicht die Urheber. Sie sind nur „Mittler“, die den Urhebern die Möglichkeit eröffnet, die Fotos nach vorgefertigten Lizenzbedingungen an den Mann bringen. Dabei kann man dann -wie Schwenke ausführt – trefflich drüber nachdenken, ob dann nicht besser in den jeweiligen Lizenzbedingungen drin stehen müsste, dass auch eine Nennung des Urhebers in den Bild-URLs vorgenommen werden muss. Es stand im konkreten Fall aber nicht drin. Und damit ist das bei der jeweiligen Verwendung vorzunehmen. [Update 05.02.2014: Der Kollege Lampmann hat sich nun ebenfalls mit der Thematik auseinander gesetzt. In dem sehr differenzierten Bericht befasst er sich unter anderem ausführlich mit dem Verwendungsbegriff. Er meint, dass Gericht verwende den Verwendungsbegriff nicht richtig. Äußerst lesenswerter Artikel vom Kollegen Lampmann!)

Schwenke greift an dieser Stelle das „üblicherweise“ auf und meint, dass der durchschnittliche Nutzer darunter (nur) die Nennung auf der Website versteht und nicht erkennen kann, dass damit etwas anderes gemeint ist.

Auch dieser Auslegung können wir nicht folgen. Denn wenn mit der Kennzeichnung „in üblicher Weise“ der richtige Ort der Kennzeichnung nach der Auffassung des Nutzers wäre, dann wäre in ich-weiß-nicht-wie-vielen-Fällen die „üblich Weise“ sämtliche Urhebernennung ohne erkennbare Verbindung zum jeweiligen Bild unter das Impressum zu klatschen (Ja, das wird ständig so gemacht und immer wieder tauchen damit – Überraschung! – Probleme auf). Der Urheber muss aber eben – nach den hier genannten Nutzungsbedingungen in der üblichen Weise und soweit technisch möglich am Bild selbst oder am Seitenende benannt werden. So steht es dort eben. Am Bild selbst. Alternativ am Seitenende. Und zwar in der üblichen Weise. Das sind die Lizenzbedingungen zu denen der Fotograf (!) über Pixelio seine Bilder zur Verfügung stellt.

Damit, was „klar ersichtlich für den Verwender“ ist, hat sich das LG Köln übrigens sehr schön unter Randzeichen 50 seiner Entscheidung auseinander gesetzt und zwar auch ganz konkret mit dem Ausdruck “ in der üblichen Weise“.

Nur zur Erinnerung: You get what you pay for.

Übrigens: Wir haben hier ganz häufig die Frage nach der „richtigen“ Urhebernennung. Und wir haben schon bisher immer darauf hingewiesen, dass eine sichtbare Nennung direkt am Bild die sicherste Alternative ist. Aber das nur am Rande.

3. Grund

Es ist eine Entscheidung des LG Köln. Nicht mehr. Nicht weniger. Kein Oberlandesgericht. Kein Bundesgerichtshof. Zu dem handelt es sich zunächst nur um eine Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren. Auch wenn wir finden, dass die Entscheidung der ZK 14 keineswegs abwegig oder unsinnig ist, so heißt das noch lange nicht, dass diese Rechtsprechung sich durchsetzt. Will sagen, es ist immer noch lange nicht in Stein gemeißelt, dass tatsächlich der Urheber in solchen Fällen ( das muss man ja einmal betonen) auch im Direkt-Aufruf unter der Bild-URL zu nennen sein muss. Vielleicht ergibt die kommende Rechtsprechung, dass unter „in der üblichen Weise“ die schlichte Urhebernennung auf der zeigenden Webseite und nicht auf der Bild-URL zu sehen ist. So ist es eben mit diesem #Neuland. Gefestigte Rechtsprechung, die kommt erst noch.

Fazit

All die Weil bleiben wir alle ganz ruhig. Regen uns ab. Und gucken uns die Dinge in Ruhe an, bevor es aus allen Ecken #Skandal und #Aufschrei tönt. Beschwerten sich nicht viele gerade über die Erregungskultur des Netzes und forderten mehr differenzierte Sachlichkeit? Eben. Bitte. Danke.

In diesem Sinne,

nein, die Entscheidung ist ihre Aufregung nicht wert.

PS: Ja, es gibt schwarze Schafe. Unter Fotografen und unter Anwälten sowie unter allen anderen Menschen. Aber die sind hier einfach nicht Gegenstand der Debatte, bzw. sollten es nicht sein.

PPS: Bin gespannt, ob nun Sturm dräut.

PPPS, eingefügt am 04.02.14, 15:55: Zur Klarstellung: Auch ich bin der Auffassung, dass das Urteil nicht gerade im praktisch besten Sinne für Fotografen und Verwender ist. Aber es ist juristisch besehen eben mE nicht das grobe Fehlurteil als das es an manchen Orten verschrien wird.

Update: 05.02.2014:

Tja, das LG Köln scheint es mit der Urhebernennung bei den auf der eigenen Website verwendeten Bildern nicht so genau zu nehmen, wenn man den hämischen Twitter-Bemerkungen folgt. Das erinnert natürlich dann doch ein wenig an die „Die Bürger von Schilda“.

Pixelio hat selbst eine Stellungnahme zum Urteil des LG Köln abgegeben. Pixelio findet die Entscheidung nicht so richtig toll. Pixelio erklärt dann zum einen weiter, dass sie nun die Nutzungsbedingungen ändern werden und zum anderen, dass sie sich an der Berufung „beteiligen“ werden (wie auch immer das gemeint ist).