Tweets, Twitpics & das Urheberrecht

Während ich auf Vorträgen stets deutlich darauf hinweise, dass Kurznachrichtendienste wie Twitter nebst den dazugehörigen Bilderdiensten nicht ohne einen rechtlichen Gedanken zu nutzen sind, habe ich dieses Thema hier im Blog doch eher am Rande anderer Beiträge behandelt. Dies soll heute einmal anders sein und Tweets & Twitpics ganz im Vordergrund stehen. Dies ist nicht ganz ohne aktuellen Aufhänger, denn erst letzte (oder gar schon vorletzte?!) Woche raste die Meldung, dass der Dienst twitpic sich per AGB ein umfängliches Nutzungsrecht an den hochgeladenen Bildern einräumen lässt, durch die Timeline.

Twitter & Tweets

Doch zurück auf Start. Fangen wir mit Twitter und dem ganz einfachen Tweet an. Davon abgesehen, dass ebenso wenig wie in natura per Tweet beleidigt und verleumdet werden darf, gilt selbstverständlich auch hier das Urheberrechtsgesetz. Sprich, erreicht ein Text, auch wenn er nur 140 Zeichen lang ist, die sog. „notwendige Schöpfungshöhe“, genießt dieser den Schutz des Urheberrechtsgesetzes.

Nun kann man darüber streiten, ob ein einzelner Tweet mit doch nur 140 Zeichen eine solche Schöpfungshöhe überhaupt erreichen kann. Der Kollege Dr. Ulbricht  ist der Auffassung, dass dies grundsätzlich nicht der Fall ist. Aber ist nicht schon im Aphorismus der Gedanken auf  dem Sprung (46 Zeichen)? Und sagt mir nicht das verschüttete Wissen aus dem Deutsch-Leistungskurs, aufgefrischt durch den entsprechenden Wikipedia-Eintrag, dass solche Aphorismen eine eigene Prosagattung seien? Und wer schon einmal wegen einer „Tiny Tale“  herzlich gelacht oder tief berührt war, der kann „ein hinreichendes Maß an individueller Gestaltung“ und damit den Urheberrechtschutz auch für 140 Zeichen nicht per se verneinen.

Doch auch wenn Tweets wie „Auf dem Weg zur Social Media Konferenz in Hamburg. Wer ist noch da?“ und ähnliche mangels Schöpfungshöhe sicher nicht urheberrechtsschutzfähig sind, hat sich der Kollege Dr. Ulbricht weiter mit der interessanten Frage befasst, ob ein Twitter-Stream (die Nachrichtenabfolge eines Account-Inhabers) nicht als Datenbank im Sinne des § 87a UrhG anzusehen sind und darüber Schutz genießen könnten.

Damit Twitter sich gar nicht erst mit diesen und anderen Fragestellungen herumschlagen muss, lässt sich der Dienst via der „Terms of Services“ (AGB)  so gleich ein umfassendes Nutzungsrecht einräumen. So heißt es dort:

„Der Benutzer behält die Rechte auf alle, von ihm in den Services eingetragenen oder angezeigten Inhalte. Durch die Übermittlung, Veröffentlichung und/oder Anzeige von Inhalten in den Services räumt der Benutzer Twitter die nicht-exklusive, gebührenfreie und weltweite Erlaubnis ein (einschließlich dem Recht auf Erteilung von Unterlizenzen), diese Inhalte in sämtlichen, jetzt bekannten oder später entwickelten Medien oder Vertriebsmethoden zu benutzen, zu kopieren, zu vervielfältigen, zu verarbeiten, anzupassen, zu verändern, zu veröffentlichen und zu übertragen.“

Während es also bekannt ist, dass Facebook sich bei der Anmeldung eine solch umfängliche Rechteeinräumung zugesteht, ist das Wissen darüber, dass Twitter dies ebenso macht, doch recht wenig verbreitet.

Man denke nur an das jetzt erscheinende Schriftwerk „Auf die Länge kommt es an“, welches eine Sammlung der tiny_tales darstellt und in Kürze im Buchhandel erhältlich sein wird.  Twitter hätte  dieses Buch ebenso herausgeben können (und könnte es auch jetzt noch!) und zwar ohne, dass hierfür irgendeine Lizenz an den Urheber gezahlt werden müsste:

„Die Nutzung aller durch den Benutzer beigetragenen, hochgeladenen, übertragenen oder anderweitig zur Verfügung gestellten Inhalte durch Twitter oder durch andere Unternehmen, Organisationen oder sonstige Partner von Twitter, ist ohne Anspruch auf Entschädigung für den besagten Inhalt gestattet.“

Die Problematik, dass diese AGB meines Erachtens in Deutschland rechtsunwirksam sind und damit eine Berufung auf diese Lizenz seitens Twitter wenig erfolgversprechend, lassen wir nun einmal beiseite – sonst wird der Artikel zu lang. Schließlich wäre dann auch noch die praktische Frage zu stellen, was unwirksame AGB in der Praxis für den Urheber bedeuten würden…

Das Vorstehende sollte nun wahrlich niemanden davon abhalten, zu twittern – doch einen Gedanken sollte man an diese „Tatsache“ schon einmal verschwenden.

Twitpics & Twitter

Des Weiteren sollten nicht vollkommen unbedarft Bilder mit dem Smartphone aufgenommen und via Twitpic (u. a.) der Öffentlichkeit dargeboten werden. Dies aus zweierlei Gründen.

AGB von Twitpic

Zum einen hat Twitpic Anfang Mai seine AGB noch einmal ausdrücklich dahingehend geändert als nun auch hier eine umfassende Lizenzeinräumung bei Hochladen des Bildes stattfindet. Kurz und sehr anschaulich ist diese Thematik bei den Kollegen aus Berlin, Schwenke & Dramburg, mit weiteren Hinweisen besprochen worden, so dass ich hier gerne verweise.  Ebenso wie ich halten die Kollegen im Ergebnis die Klausel nach dem deutschen Recht für unwirksam.

Die große Aufregung, die mit dieser AGB-Änderung, bzw. dem Bekanntwerden,  dass Twitpic Nutzer-Fotos (von Prominenten) doch tatsächlich an Vermarkter veräußert hat (vgl. SPON) einherging, habe ich jedoch nicht ganz verstanden. Ich war vielmehr, als ich mich vor kurzem mit der Thematik beschäftigte,  verwundert, dass eine ausdrückliche Lizenzregelung in den AGB von Twitpic – im Gegensatz zu Twitter – fehlte. Dort hieß es bis vor Kurzem nur:

“By uploading your photos to Twitpic you give Twitpic permission to use or distribute your photos on Twitpic.com or affiliated sites.”

Ich fürchte es war schlicht ein „Versehen“, dass hier eine ausdrückliche Regelung fehlte. Denn dass Twitpic im Gegensatz zu Twitter keine Rechte an den hochgeladenen Inhalten halten wollte, hielt ich für, nunja, fernliegend. Und dieses „Versehen“ ist nun schlicht mit den neuen AGB von Twitpic und der umfassenden Lizenzeinräumung „behoben“ *ironieaus. Zu Gültigkeit dieser AGB-Klausel nach deutschem Recht siehe oben.

Twitpic & Persönlichkeitsrechte

Zum anderen sollte beim Upload von Bildern mit Menschen nicht vergessen werden, dass jedenfalls hierzulande bei der Veröffentlichung eines Abbilds einer Person deren Persönlichkeitsrecht berührt ist und eine solche Veröffentlichung nur bei Einwilligung der abgebildeten Person erfolgen darf. Also schnell den Referenten bei einer Veranstaltung fotografiert und getwittert, kann zwar eine gute Idee sein, aber auch bös enden.  Zu dieser Thematik habe ich mich aber auch im Artikel Rechtliche Hinweise zum Bloggen III: Lichtbildwerke und andere „Aufmacher„, so dass ich hier einfach verweisen möchte.

Fazit:

Think before you tweet!