Ein paar Gedanken zu den Nutzungsbedingungen von Facebook

Über die Nutzungsbedingungen von Facebook ist schon viel geschrieben, gepostet und getwittert worden. Aber wer guckt sich die AGB denn schon mal wirklich an? Die Wenigsten. Ich habe sie beruflich schon ein paar Mal vor meiner Nase gehabt. Erstaunt bin ich vor allem immer wieder darüber, dass die Bedingungen selbst für einen Juristen kaum zu durchdringen sind. Schließlich gibt es nicht nur die Nutzungsbedingungen, sondern darüber hinaus Werberichtlinien, Richtlinien für Promotions, Grundsätze und Richtlinien für Entwickler, Zahlungsbedingungen, „Über Plattform“ (Richtlinie, wenn Anwendungen von Dritten implementiert werden), Nutzungsbedingungen für Seiten und die Datenschutzrichtlinie. Und alle beziehen sich irgendwie, irgendwann und irgendwo aufeinander. Da kann man leicht den Überblick verlieren, welche Regelung denn nun überhaupt im eigenen Fall anwendbar und/oder vorrangig ist.

Eine komplette rechtliche Analyse der Facebook-Nutzungsbedingungen insbesondere im Hinblick darauf, ob sie vor einem deutschen Gericht Bestand hätten, würde wohl den Rahmen einer Dissertation annehmen. Deswegen soll dies gar nicht erst Ziel dieses Artikels sein. Stattdessen will ich einfach mal die eine oder andere (wie sollen wir es nennen?) „Kuriosität“ dieser AGB im Folgenden herausstellen und mit Anmerkungen versehen:

Ziffer 2. Der Austausch deiner Inhalte und Informationen

Hier heißt es:

„Dir gehören alle Inhalte und Informationen, die Du auf Facebook postest. […] Für Inhalte, die unter die Rechte an geistigem Eigentum fallen, wie Fotos und Videos („IP-Inhalte“), erteilst du uns vorbehaltlich deiner Privatsphäre- und Anwendungseinstellungen die folgende Erlaubnis: Du gibst uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, unentgeltliche, weltweite Lizenz für die Nutzung aller IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest („IP-Lizenz“). Diese IP-Lizenz endet, wenn du deine IP-Inhalte oder dein Konto löschst, außer deine Inhalte wurden mit anderen Nutzern geteilt und diese haben sie nicht gelöscht.

Dazu in Ziffer 16:

„Ziffer 2 gilt mit der Maßgabe, dass unsere Nutzung dieser Inhalte auf die Verwendung auf oder in Verbindung mit Facebook beschränkt ist.“

Man lasse sich dies einmal im Kopf herumgehen. Jedes Foto darf also von Facebook verwendet und noch dazu – nachdem es unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde – weiterverkauft werden. Da hilft mE auch Ziffer 16 nur sehr bedingt. Denn was heißt „in Verbindung mit Facebook“? Eben nicht, dass es „auf Facebook“ verwendet wird, sonst gäbe es diese Formulierung nicht daneben.

Noch erschreckender ist, dass diese Lizensierung nicht rückgängig gemacht werden kann. Jedenfalls dann nicht, wenn ich ein Bild hochgeladen und auf mein Profil gestellt, ergo mit anderen geteilt, habe. Und das wird schließlich mit den meisten Bildern gemacht. Also einmal ein Bild hochgeladen – und für immer die Kontrolle aus der Hand gegeben.

Und was soll die Regelung „vorbehaltlich der Privatsphäreeinstellungen“? Dort kann ich nur bestimmen, welche Dritten (Freunde, Freunde von Freunden, Alle) meine Bilder und Daten sieht. In Bezug auf Facebook kann ich dort überhaupt keine Voreinstellungen treffen.

Ich würde die Ziffer so auslegen, dass Facebook die Bilder etc., die als privat gekennzeichnet sind, denklogischer Weise nicht verwenden darf. Ich bin mir aber sicher, die Rechtsabteilung von Facebook sieht dies anders.

Ziffer 3 Sicherheit und Ziffer 4 Registrierung und Sicherheit der Konten

Die finde ich in großen Teilen schlicht so amüsant, wie die Erklärung, die man bei der Einreise in die USA abgeben muss – und im Übrigen genauso überflüssig. Aber schließlich handelt es sich auch dem Grunde nach um amerikanische Nutzungsbedingungen. Hier einige Auszüge:

„Du wirst keine Viren oder bösartigen Code hochladen.
Du wirst keine Anmeldeinformationen einholen oder auf das Konto zugreifen, das einer anderen Person gehört.
Du wirst andere Nutzer weder tyrannisieren noch einschüchtern oder schikanieren.

Vollkommen ausreichend, weil die vorgenannten inhaltlich umfassend, wären diese:

„Du wirst keine Inhalte posten, die: verabscheuungswürdig, bedrohlich oder pornografisch sind, zu Gewalt auffordern oder Nacktheit oder Gewalt enthalten.
Du wirst Facebook nicht verwenden, um rechtswidrige, irreführende, bösartige oder diskriminierende Handlungen durchzuführen.“

Solche sind in dieser oder anderer Wortwahl gängige Formulierungen in Community-AGB’s. Sie beziehen sich letztlich auf gesetzlich normierte Verbote und Gebote bspw. aus dem Jugendschutz-, dem Wettbewerbs-, dem Straf- und Presserecht.

Und das durfte natürlich in den Nutzungsbedingungen nicht fehlen:

„Du wirst keinen heißen Kaffee oder sonstige Getränke bei der Facebook-Nutzung über Deine Tastatur gießen und uns dafür verantwortlich machen“[1]

Aber auch besonders schön:

„Du wirst Facebook nicht verwenden, wenn Du ein registrierte Sexualstraftäter bist.“

In Deutschland scheitert der Punkt schon daran, dass es keine „registrierten Sexualstraftäter“ gibt, die wie in den USA den Behörden ihre Emailadressen und sonstigen personenbezogenen Daten zur Kontrolle offenlegen müssen (auch wenn man sich das als Eltern sicher persönlich wünschen würde).

In der Realität scheitert das mE aber schon vorher: Oder kreuzen Terroristen bei der Einreise in die USA an, dass sie einen Anschlag planen?!?

Sicher Facebook – wie auch myspace – reinigen per Datenabgleich ihre Netzwerke regelmäßig von registrierten Tätern, us-amerikanischen Tätern.

Ziffer 4.10 Account-Namen
Diese Regelung „verdient“ es, doch ein bißchen ernsthafter vorgestellt und erläutert zu werden:

„Wenn du einen Nutzernamen für dein Konto auswählst, behalten wir uns das Recht vor, diesen zu entfernen oder zurückzufordern, sollten wir dies als notwendig erachten (zum Beispiel, wenn der Inhaber einer Marke eine Beschwerde über einen Nutzernamen einreicht, welcher nicht dem echten Namen eines Nutzers entspricht).“

Wer meinen Artikel zu Social Media Accounts und Markenrechten gelesen hat, dem wird diese Regelung bekannt vorkommen. Wie ich auch schon dort erklärte, ist an dieser Regelung problematisch, dass überhaupt nicht ersichtlich ist, aber welchem Zeitpunkt Facebook „die Entfernung oder Rückforderung als notwendig erachtet“ De facto ist hier sowohl der Account-Inhaber als auch ggf. ein Dritter Verletzter der Güte von Facebook hilflos ausgeliefert. Man stelle sich den Fall vor, dass ein Account-Inhaber zu Recht einen Account führt und unter diesem erhebliche geschäftliche Tätigkeit entfaltet hat. Ein Dritter beschwert sich nun mit – zunächst sehr schlüssigen – Argumenten und der Account wird dem ursprünglichen Inhaber durch Facebook entzogen. Was kann dieser tun? Er kann sich mit anwaltlicher und gerichtlicher Hilfe den Account wieder aneignen. Die womöglich erfolgreich aufgebaute Facebook-Kommunikation ist aber erstmal zerstört und muss von neuem aufgebaut werden. Das ist schlecht. Und zieht die Frage nach sich, ob Facebook für die unberechtigte Entziehung des Accounts auf Schadensersatz haften könnte….(Vorausgesetzt der Schaden ließe sich beziffern und beweisen – was derzeit bei Social Media Kontakten allein schon ein tatsächliches Problem darstellt.)

Ziffer 14 Beendigung oder die „Güte von Facebook
Doch nicht nur hinsichtlich möglicher Rechtsverletzungen in Bezug auf Accounts ist der User von der Sicht Facebooks abhängig. Vielmehr behält sich Facebook – kurz gesagt – vor, nach eigenem Gutdünken, die Nutzung des Accounts ggf. zu untersagen, wie aus Ziffer 14 hervorgeht:

„Wenn du gegen den Inhalt oder den Geist dieser Erklärung verstößt oder anderweitig mögliche rechtliche Risiken für uns erzeugst, können wir die Bereitstellung von Facebook für dich ganz oder teilweise einstellen. Wir werden dich per E-Mail oder wenn du dich das nächste Mal für dein Konto anmeldest darüber informieren.“

Problematisch sind hier die nicht bestimmbaren Grenzen, wann Facebook die Bereitstellung einstellen kann. „Inhalt der Erklärung“ wäre noch durch Auslegung objektiv zu ermitteln. Aber „Geist der Erklärung“? Was soll das sein? Ins Juristendeutsch übersetzt: Vielleicht der Sinn und Zweck der Regelungen? Möglicher Sinn und Zweck einer Regelung dienen aber der Auslegung des Inhalts einer Regelung. Gegen diesen Sinn und Zweck kann aber nicht durch den Nutzer verstoßen werden. Vielmehr kann eine Auslegung eines Inhalts Sinn und Zweck der Regelung widersprechen und deswegen eine Auslegung solcher Art rechtswidrig sein.  Der Verstoß eines Nutzers ist nur gegen eine Regelung möglich, die einen Inhalt hat, der auf Sinn und Zweck der Erklärungen/Regelung beruht. (Puuh. So wer jetzt mehr zu Auslegung von Rechtsnormen wissen will, der kann bei Wikipedia beginnen, sich einzulesen)

Und schließlich kann schon der Dienst eingestellt werden, wenn „Du anderweitige mögliche rechtliche Risiken für uns erzeugst„. Dazu siehe schon die Erläuterungen zu Ziffer 4.10.

Im Übrigen stelle ich mir die Frage, ob ich durch diesen Artikel schon ein mögliches rechtliches Risiko für Facebook erzeuge, da ich doch die Facebook-Regelungen in Frage stelle, dies veröffentliche, sich andere darauf besinnen und deswegen eventuell einen Anwalt mit der Prüfung ihres Falles beauftragen? Vor dem Hintergrund, dass in Amerika eine Restaurantkette verklagt werden kann, wenn sich der Käufer eines Kaffees eben diesen selbst über Schoß kippt, würde ich nicht ausschließen, dass ich nach amerikanischem Recht hiermit ein tatsächliches rechtliches Risiko schaffe. Aber…

Ziffer 15.1 in Verbindung mit Ziffer 16.3.2 – Gerichtsstand und geltendes Recht

Nach Ziffe 15.1 gilt der ausschließliche Gerichtsstand Santa Clara County, Kalifornien, USA und sämtliche Ansprüche sind eben dort geltend zu machen. (Vermutlich gibt es dort keinen Datenschutz, kein Urheberrecht und keine Persönlichkeitsrechte? *ketzerischeRedewiederaus.)

Aber uns Deutsche rettet Ziffer 16.3.2:

„Ziffer 15.1 wird ersetzt durch: Diese Erklärung unterliegt deutschem Recht“

Dieser kleine bescheidene Satz bedeutet:  Da diese Erklärung, also die AGB, deutschem Recht unterliegen, muss jede Ziffer einer AGB-Kontrolle standhalten und mit deutschem Recht im Einklang stehen. Deswegen kann sich der geneigte User beruhigt in dem Wissen zurücklehnen, dass seine schlimmste Alpträume in Bezug auf persönliche Daten und Dokumente an sich nicht wahr werden könnten. – Theoretisch.

Praktisch muss das deutsche Recht auch durchgesetzt werden. Und wer verklagt schon Facebook, nur weil er bspw. der Meinung ist, dass mit seinen persönlichen Daten nicht ganz sauber umgegangen wurde? Bzw. woher das wissen? Und wer sich mit dem Gedanken tatsächlich trägt, der sollte wohl besser ein bißchen Geld auf der Seite haben. Wie eingangs gesagt, stellt allein die gründliche Prüfung der AGB von Facebook, um die Erfolgsaussichten in der konkreten (!) Sache überhaupt einschätzen zu können, eine nicht ganz kleine Aufgabe dar. Denn auch wenn das deutsche Recht gilt, so könnten diejenigen Regelungen, die nicht gegen das deutsche Recht verstoßen eventuell bestehen bleiben:

§ 306 BGB sieht an sich bei Unwirksamkeit einer Klausel in den AGB vor, dass die kompletten AGB keine Wirksamkeit mehr entfalten und an die Stelle der AGB die gesetzlichen Vorschriften treten. (sog. Verbot der geltungserhaltenden Reduktion). Doch in den Fällen, in denen für eine Vertragsergänzung wegen mangelnder AGB die geeigneten gesetzlichen Vorschriften fehlen und somit keine interessengerechte Lösung möglich ist, ist diese Lücke eben doch durch ergänzende Vertragsauslegung (interessensgerecht) zu schließen.

Ich will nicht langatmig damit langweilen, ob hier das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion durchgreifen könnte oder nicht. Denn gleich, ob die Facebook-Bedingungen in Teilen stehen blieben oder nicht, in jedem Fall wartet hinsichtlich der konkreten Erfolgsaussichten eine umfangreiche anwaltliche Prüfung, ob und wenn ja, welche Regelungen in welchem Ausmaß Gültigkeit haben (Nutzungsbedingungen und/oder gesetzliche Regelungen). Und bei dem Ergebnis der guten Erfolgsaussichten müsste die Angelegenheit auch noch auf dem Rechtsweg durchgebracht werden.  Dies verlangt vermutlich einen langen Atem. Denn ich glaube nicht, dass Facebook sich mit einer für sie negativen Entscheidung geschlagen geben würde. Dazu ist der deutsche Markt zu wichtig.

Man darf also gespannt sein, ob und wann die ersten juristischen Fälle aufgrund der Nutzungsbedingungen von Facebook vor deutschen Gerichten landen. In Bezug auf Account-Namen wird es meines Erachtens nicht mehr lange dauern. In Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre könnte auch schon zuvor der Druck von Datenschutzbehörden und/oder der Politik so erhöht werden, dass Facebook selbst vollkommen eigenständige Regelungen für Deutschland entwirft und dann vermutlich – zwangsweise – auch die eine oder andere Funktionalität verändert. So hat vor zwei Wochen bspw. der Hamburger Datenschutzbeauftragte Casper ein Bußgeldverfahren gegen Facebook wegen der „Friendfinder“-Funktion eingeleitet.

Facebook steht wegen seiner unübersichtlichen Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien allerdings nicht nur in Deutschland in der Kritik. Auch in Kanada und den USA formiert sich entsprechender Widerstand.

Die abschließenden Worte
Auf Augenhöhe mit den Nutzern zu arbeiten, darauf legt Facebook PR-technisch viel Wert. In der Sache, wie hier aufgezeigt, aber dann doch besser nicht. Facebook möchte die Nutzer in der Hand haben und darüber bestimmen, wer sich in seinen Netzwerken wie tummelt. Prinzipiell ist das vielleicht verständlich, aufgrund der Quasi-Monopol-Stellung von Facebook ist aber die Richtigkeit solcher Regelungen zu hinterfragen.
Und in Bezug auf persönliche Daten hilft der Hinweis, man möge eigenverantwortlich mit seinen Daten bei Facebook umgehen, also nur insoweit, als es um die Kontrolle gegenüber anderen Nutzern geht. In Bezug auf Facebook sind keine Einstellungen zu treffen. Zu sagen, man solle Facebook dann einfach nicht mehr nützen, ist insbesondere vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Bedeutung aber auch der hohen Nützlichkeit für den privaten Gebrauch aufgrund der Stellung des Netzwerks leichter verkündet als sinnvoll umgesetzt.

Da bleibt wohl nur, sich schnellstmöglich die Meinung von Zuckerberg „Privatsphäre ist nicht mehr zeitgemäß“ zu eigen zu machen.

In diesem ironischen Sinn einen schönen Freitag!

[1] Wer hat’s gemerkt? Diese Regelung habe ich eingebaut. Sie existiert nicht. Hätte mich aber auch nicht gewundert. Wer darüber gestolpert ist, darf sich jetzt ein Sternchen in sein Hausaufgabenheft malen.